Akaflieg Stuttgart

…. es begann im Juli 1913

Paul Brenner gründete zusammen mit einigen anderen Schülern (u.a. Wolf Hirth) den „Modell-Aeroklub“, der Modellwettfliegen und Flug-Modell-Austellungen veranstaltete und eine eigene illustrierte Zeitung herausgab. 1914 schloss man sich mit der „Vereinigung junger Aviatiker Stuttgarts“ zur „Ortsgruppe Stuttgart des deutschen Flugmodellbundes“ zusammen. Bis Ende des Krieges wurde der Vereinsnamen  in „Württembergische Gleitflugvereinigung“ und anschließend in „Ortsgruppe Stuttgart des Deutschen Fliegerbundes“ geändert. In einer Revolutionssitzung bald nach Beendigung des Krieges wurde der Bund in „Flugtechnischer Verein Stuttgart e.V“ (F.V.S.) umgetauft. In der Folgezeit blühte der Verein mächtig auf und konnte auf vielen Veranstaltungen schöne Erfolge erzielen (z.B. auf der Wasserkuppe/Rhön). Einen schweren Rückschlag gab es 1923, als durch die Inflation das Betriebskapital des Vereins entwertet wurde, und durch den Weggang von führenden Mitgliedern.

In einer außerordentlichen Hauptversammlung am 15. September 1924 wurde einstimmig beschlossen, eine „Akademische Fliegergruppe“ innerhalb des F.V.S. zu begründen.

In der Monatsversammlung am 18. November 1924 wurde folgender Vorstand gewählt:

  • Ehrenvorsitzender: Graf Beroldingen (der letzte Kommandant des Böblinger Militär-flugplatzes)
  • 1.Vorsitzender Wolfram Hirth
  • 2.Vorsitzender W.T. Becker
  • Geschäftsführer W.Steinthal
  • Kassier und Schriftführer Kull
  • Beisitzer Wurzmann

und jetzt kommt Böblingen ins „Spiel“

In den Wintermonaten 1924/1925 gelang es Werner Steinthal und Wolf Hirth in Verhandlungen mit dem Aeroclub von Deutschland, Stuttgart bzw. Böblingen als Zwangslandeplatz für den Deutschen Rundflug 1925 festzusetzen.

Der F.V.S. wurde daraufhin mit der Durchführung der örtlichen Organisation beauftragt. Bei den nun beginnenden Verhandlungen stellte sich heraus, dass die Organisation des Vereins noch viel zu schwach war, um die an sie gestellten Aufgaben bewältigen zu können. Mit dem Württembergischen Fliegerbund e.V. wurde deshalb über die Gründung einer württembergischen Arbeitsgemeinschaft für Luftfahrt verhandelt, deren erste Aufgabe die Organisation des Rundfluges und darüber hinaus die Durchführung weiterer fliegerischer Veranstaltungen sein sollte. Aber auch die erwies sich als zu schwach, um die Durchführung des Rundflugs in Böblingen allein durchzuführen.

Es wurde sodann die Stuttgarter Sportleitung durch die Luftverkehr Württ. A.G. erweitert, die die Platzvorbereitung in Böblingen und die Kosten für die Organisation übernahm. Die Oberleitung für die gesamte Organisation hatte Herr Major a.D. Palmer, Leiter des Böblinger Flugplatzes und der Sportflug G.m.b.H., übernommen.

Akaflieg 1925 Rundflug Aufruf

Während des Rundflugs trafen am 04. und 05. Juni 1925 die Maschinen in Böblingen ein. Zum ersten Male hatte wohl der alte württembergische Fliegerhorst einen so regen Flugbetrieb gesehen. Das für schwäbische Verhältnisse zahlreich anwesenden Publikum wurde durch Rundflüge und Militärmusik in den Pausen unterhalten. Die Organisation hatte im allgemeinen gut geklappt, zumal dieser Rundflug die größte Flugveranstaltung seit dem Kriege war.

Bis Ende 1925 war die „Akademische Fliegergruppe Stuttgart“ nur ein loser Verband der Studierenden innerhalb des Flugtechnischen Vereins Stuttgart. Die zunehmenden „Unzuträglichkeiten“  mit den übrigen Mitgliedern des Vereins führten schließlich zu dem Beschluss aus dem Verein auszutreten und sich selbstständig zu machen. So wurde am 01. Dezember 1926 die „Akademische Fliegergruppe Stuttgart e.V.“ an der Technischen Hochschule (kurz AKAFLIEG) gegründet.

Die Ziele des Vereins wurden wie folgt definiert:

  • Konstruktion und Bau von Segel- und Motorflugzeugen
  • Übungs- und Studienflüge auf Segel- und Motorflugzeugen
  • Beteiligung an Wettbewerben, Preisausschreiben etc.

Und so zogen im Ende April 1927 die Altaktiven vom Vorjahr nach Böblingen, um dort die Motorenschulung zu machen. Das primäre Anliegen des Vereins war die Segelfliegerei, die Motorfliegerei hatte sich aber schon derart etabliert, dass man sie nicht missen wollte, zumal die Gruppe schon eine Motormaschine vom Typ Dietrich Gobiet D.P.9 D-807 besaß. Im selben Jahr kam noch eine Heinkel H.D.32 dazu. Ende 1928 hatte die Gruppe vier Motorflugzeuge im Besitz:

Akaflieg alle Flugzeuge (A2-L20-DP9-HD32) BB 1928_

  1. Hirth Versuchsbau A2 (nicht zugelassen)
  2. Daimler-Klemm L20, D-1093
  3. Dietrich Gobiet D.P.9, D-807
  4. Heinkel H.D.32, D-842

1. Hirth Versuchsbau A2 (Spatz)

im Flug
am Boden
1928 Fahrgestell verbogen

2. Daimler-Klemm L20 D-1093 (Präsident)

Im Dezember 1927 wurde eine Daimler-Klemm L20 D-1093 erworben, die Flugzeugtaufe fand am 21. Januar 1928 in Böblingen statt.

Im Dezember 1927, die Flugzeugtaufe fand am 21. Januar 1928 in Böblingen statt.

Daimler-KLemm L20 D-1093Die Kennzeichnung gibt uns noch Rätsel auf

Akaflieg Stuttgart L20 D-1093
Mai 1928 Bruch
Akaflieg Stuttgart L20 D-1093
Mai 1928 Bruch

3. Dietrich Gobiet D.P.9, D-807

Wegen einer Motorenstörung konnte 1927 A.H. Hasche eines Tages den Böblinger Flugplatz nicht mehr erreichen und rutschte in einer Steilkurve beim Versuch, in einem kleinen Feld zu landen, ab. Die Maschine wurde dabei sehr schwer beschädigt, er selbst büßte nur einen Schneidezahn ein. Im Laufe des Jahres wurde an der zu Bruch gegangenen Maschine weiter gearbeitet.

Die traurigen Überreste der Dietrich Gobiet D.P.9 D-807

Die hergerichtete Maschine verunglückte im April 1929  bei Garmisch-Partenkirchen ein weiteres Mal, sie blieb in einer Lichtleitung hängen. Sie konnte nicht mehr repariert werden und wurde von der Flugsportgruppe abgeschrieben.


4. Heinkel H.D.32 D-842Mittlerweile hatten bereits acht Mitglieder den Motorflugzeugführerschein in Böblingen gemacht.

1929 wurde die abgeschriebene D.P.9 durch eine Daimler-Klemm KL26 D-1661 ersetzt., die aber schon 4 Monate später verunglückte
Schmid-Protzen-Hirth-Bork-Besserer-Hanel-Bachem (2)
Etwa aus dieser Zeit stammt die folgende Aufnahme vom harten Kern der Flugsportgruppe

Der Bankenkrach, die Weltwirtschaftskrise und die Not im Deutschen Reich bei steigenden Arbeitslosenzahlen ging auch an der Akaflieg nicht spurlos vorbei. Die Aktiven waren überwiegend mit der Überholung und Reparatur des bestehenden Flugzeugparks beschäftigt. Ein interessanter Artikel vom Dezember 1930:

1930-12 Flugbetrieb Böblingen

Im Sommer 1931 wurden zum ersten Mal auch Schleppflüge ausgeführt. Als Zugmaschine diente die mit einem Anhängergestänge (Schleppkupplung am Schwanzsporn) ausgerüste Klemm KL 26. Im Mai 1932 wurden auf dem Böblinger Flugplatz zwei gut gelungene Auto-Schleppstarts eines Segelflugzeugs durchgeführt. Das Segelflugzeug, das statt eines Fahrgestells eine Gleitkufe besaß, wurde dabei mit einem langen Drahtseil an das schleppende Auto angehängt.  Schon bei niederer Geschwindigkeit hob sich der Segelflieger vom Boden ab und stieg dann – immer noch gezogen von dem unten fahrenden Auto – wie ein Drachen in die Höhe. Die beiden Versuche fanden bei leicht böigem Ostwind statt. Beim ersten Versuch kam das Flugzeug 170 m hoch, wobei das Drahtseil durch eine Klinkvorrichtung gelöst wurde und das Flugzeug sodann selbstständig im Gleitflug ca 4 Minuten lang weiterflog.

Das Jahr 1932 stand dann hauptsächlich im Zeichen der Motorfliegerei:

  1. Klemm Kl26, 2-sitziges Leichtflugzeug mit 86 PS Siemens u.Halske SH 13a Motor
  2. Messerschmitt M23c, 2-sitziges Leichtflugzeug mit 120 PS Argus As8 Motor
  3. Heinkel Hd32, 2-sitziges Schulflugzeg mit 112 PS Siemens u.Halske SH12 Motor
  4. Albatros L66a, 1-sitziges Übungsflugzeug mit 55 PS Siemens u.Halske SH4 Motor

1. Klemm KL26 D-1805 (Präsident-später Gerda)

Album
Album
Album
Album Einträchtig steht die Heinkel HD32 D-842, Klemm Kl26-D-1805 und die Daimler-Klemm L20 D-1161 nebeneinander

2. Messerschmitt M23c


3. Heinkel HD 32 D-842

Flughafen Böblingen
Flughafen Böblingen
Flughafen Böblingen
Flughafen Böblingen 1931 Illg und Wendling
1929 auf einem Flugtag ?

4. Albatros L66

Albatros L66 1931-Ausbau
1931 beim Ausbau

Albatros L66 beim Strassentransportspäter beim Autotransport

So war es nicht verwunderlich, daß die Akaflieg Stuttgart 1932 zwar nur auf einem Segelflugwettbewerb, dafür aber elf Motorflugveranstaltungen vertreten war. Diese waren:

  • Rheinisches Flugturnier
  • Deutscher Zuverlässigkeitsflug 1932
  • DELA-Sternflug nach Berlin
  • Sommerfest Flughafen Böblingen
  • Segelflugverfolgung in Pirmasens
  • Sternflug nach Pirmasens
  • Idaflieg Geschwader-Übung in Kiel
  • Werbeflugtag in Germersheim
  • Gordo-Bennet-Rennen in Basel
  • Autojagd des WAC
  • Großflugtag in Göppingen

Und so war die Flugstatistik 1932 beeindruckend:

  • 453 Stunden in der Luft
  • 21.440 km Überlandstrecke
  • 1.499 Starts

Die Machtergreifung Hitlers 1933 brachte für die Akaflieg Stuttgart einschneidende Veränderungen. Ende April wurden die Beihilfen von Reich und Staat gestrichen. Die fünf Motorflugzeuge nebst drei Ersatzmotoren gingen an den D.L.V., Landesgruppe Württemberg, der Werkmeister wurde entlassen, der ganze Betrieb nach Möglichkeit eingeschränkt. Nach einer zermürbenden Auseinandersetzung mit der Politik wurde die Gruppe ganz der DLV unterstellt, der Name Akaflieg wurde in „Flugtechnische Fachgruppe Stuttgart“ an der technischen Hochschule umbenannt. Der Motorflugzeugbetrieb war in dieser Zeit stark eingeschränkt und so erstreckte sich die Leistung hauptsächlich auf segelfliegerischem Gebiet. Im Sommer 1934 wurden Messflüge mit Segelflugzeugen durchgeführt. Als Schleppflugzeug stellt Wolf Hirth seine Klemm zur Verfügung.

Im Januar 1935 musste der Jahresbericht der Akaflieg mitteilen: „Nach längeren Verhandlungen wurde die Gruppe ihrer besonderen technischen Aufgaben wegen dem DVL unterstellt. Im Zusammenhang damit musste leider der von uns allen lieb und wert gewordene Name Akaflieg fallen. Mit dem alten Zeichen führen wir in Zukunft den Namen Flugtechnische Fachgruppe Stuttgart an der technischen Hochschule“

Die Werkstatt in Stuttgart überholte im Frühjahr die Motoren der Albatros L66 und der Heinkel HD32 sowie dessen Zelle und so konnte im Sommer der Flugbetrieb in Böblingen in beschränktem Umfang wieder aufgenommen werden. Bedauerlicherweise scheiterte der Versuch, die Albatros L66 wieder zum Fliegen zu bringen, an Zulassungsschwierigkeiten. Sie wurde an eine Lehrmittelstelle abgegeben. Als Ersatz wurde eine Bücker Jungmann zur Verfügung gestellt.

…. Jetzt verlieren sich die Spuren motorsportlicher Aktivitäten der Akaflieg auf dem Böblinger Flughafen

Jubiläumsschrift anläßlich des 75.Jubiläums (1926-1976) der AKAFLIEG Stuttgart

 

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