… zweiter Besuch LZ127 Böblingen 28. Juni 1931
Ankündigung im Fahrplan Nr. 3 vom 13. Juni 1931
Schwabenfahrt
- 191. Flug (von 590) HINFLUG (von Friedrichshafen)
- Friedrichshafen ab 15:30 Uhr
- Böblingen an 17:47 Uhr
- Fahrtdauer 2:17 Stunden
- gefahrene Strecke 199 km
- durchschnittliche Geschwindigkeit 87,1 km/h
- 192. Flug (von 590) RÜCKFLUG (nach Friedrichshafen)
- Böblingen ab 18:30 Uhr
- Friedrichshafen an 20:05 Uhr
- Fahrtdauer 1:35 Stunden
- gefahrene Strecke 173 km
- durchschnittliche Geschwindigkeit 109,3 km/h
VORBEREITUNG Dank des Entgegenkommens der Reichsbahn wird für alle Besucher des Flughafens Böblingen eine um 50 % verbilligte Fahrgelegenheit geboten. Nach Böblingen fahren von 12.25 Uhr an alle 15 Minuten Sonderzüge mit 3. Wagenklasse, besonders auf der Strecke Stuttgart-Böblingen und zurück, aber auch auf den anderen, nach Böblingen führenden Strecken. Für den Eintritt in das Gelände des Flughafens werden Karten im Vorverkauf bei Weise’s Hofbuchhandlung und beim Zigarrenhaus Weller, sowie an den Schaltern der Reichsbahn in Stuttgart mit 20 % Fahrpreisermäßigung abgegeben.
ANORDNUNGEN Das Oberamt Böblingen hat aus Sicherheits-und verkehrspolizeilichen Gründen am Landungstag besondere Anordnungen für den Zugang der Fußgänger zum Flugplatz wie für die Zufahrt der Kraftfahrzeuge zum Flugplatz nach Böblingen getroffen. In der Zeit von 14-19.00 Uhr wird der Durchgangsverkehr Tübingen an der Kälberstelle über Dettenhausen geleitet. Der Durchgangsverkehr erfolgt über Holzgerlingen, Ehningen und Dagersheim. Der Durchgangsverkehr Stuttgart-Schwarzwald wird am Mönchsbrunnen über Sindelfingen nach Dagersheim, Ehningen, Herrenberg bzw. Darmsheim, Calw geleitet. Der Durchgangsverkehr Herrenberg-Stuttgart wird von Ehningen aus über Dagersheim, Darmsheim, Sindelfingen, Schatten geleitet. Im Verwaltungsgebäude des Flughafens wird eine Polizeiwache und ein Fundbüro eingerichtet, ebenso hält sich Sanitätsmannschaften auf dem Flugplatz und beim Mönchsbrunnen auf.
POSTVERKEHR Das Luftschiff „Graf Zeppelin“ wird auf seiner Landungsfahrt nach Böblingen am 28. Juni und auf der Rückfahrt von Böblingen nach Friedrichshafen unter den für Luftschiffbeförderung üblichen Bedingungen Post befördern. Zur Abstempelung der hierfür zur Auslieferung kommenden Poststücke hat die Oberpostdirektion Stuttgart einen Sonderstempel anfertigen lassen, welcher die Silhouette der Stadt Böblingen hinter dem Flughafengebäude darstellt und die Aufschrift „Luftschiff Graf Zeppelin Schwabenfahrt 1931“ trägt.
PROGRAMM Für den Besuch und die Landung des Luftschiffs Graf Zeppelin auf dem Böblinger Flughafen ist am morgigen Sonntag ein umfangreiches Programm vorgesehen. Die Besucher des Flughafens werden nicht nur die Landung des Luftschiffs miterleben, sondern auch eine Reihe hochwertiger fliegerischer Darbietungen zu sehen bekommen. Die Veranstaltungen nehmen um 4 Uhr ihren Anfang. Zunächst findet ein Begrüßungsflug durch den Fluglehrer der Fliegerschule Böblingen auf den bekannten Klemmflugzeugen statt. Daran schließen sich Kunst- und Reihenflüge der Reklamestaffel der Deutschen Luftfahrt G.m.b.H. Berlin auf Albatros-Flugzeugen an. Ganz besonderes Interesse wird der Start des Segelflugzeuges „Lore“ finden, das durch ein Klemmflugzeug gestartet wird. In entsprechender Höhe wird das Segelflugzeug vom Motorflugzeug abgehängt und manövriert dann selbstständig in der Luft. Kurz vor 5 Uhr starten die Flugzeuge der Fliegerschule Böblingen, um das Luftschiff Graf Zeppelin einzuholen. Die Ankunft des Luftschiffs auf dem Flughafen ist um 5 Uhr zu erwarten. Der Start zur Rückfahrt des Graf Zeppelin erfolgt gegen 6 Uhr.


ABLAUF (Stuttgarter Neues Tagblatt) Landung des Luftschiffs – Riesiger Besuch aus Stadt und Land. Ein prachtvoller blauer Himmel strahlt über dem Böblinger Flugplatz. Feststimmung überall. Zu Fuß, zu Rad, auf dem Motorrad und im Auto streben Tausende auf allen Anfahrtsstraßen dem einen Ziel zu: Dem Flugplatz. Schon am Waldrand haben sich Hunderte unter den Bäumen gelagert, um hier aus der Ferne dem Ereignis beizuwohnen. Vor dem Eingang zum Flugplatz herrscht ein Treiben wie auf dem Cannstatter Volksfest: Karussells, Bierzelte, Wurstbratereien und fliegende Händler an allen Ecken. Nur mit Mühe gelingt es, den Eingang zum Heiligtum, dem Rollfeld zu erreichen.
Hier steht in stolzer Größe der Riese unter den Landflugzeugen, der viermotorigen Junkers G38. In vierstündigem Flug ist die Maschine gestern von Berlin gekommen, um den „Graf Zeppelin“ zu ehren.

Der Schatten unter den mächtigen, 26 Meter langen Tragflächen bietet einen willkommenen Standplatz. Kurz vor 5 Uhr erhebt sich die Junkers G 38 zu einem kurzen Rundflug mit den Vertretern der Stuttgarter Presse an Bord.
Das Flugzeug bietet 26 Passagieren Platz und eignet sich dadurch besonders zu langen Flügen, dass es den Passagieren erlaubt, in den breiten Tragflächen auf- und abzugehen. Ein fabelhafter Eindruck ist der Blick durch die Tragflächenfenster auf die Erde, die sich unten langsam vorbeizieht. Auf dem Flugplatz jubeln Tausende begeistert dem großen Vogel ihren Gruß zu. Während des Fluges wird „Graf Zeppelin“ gesichtet, wie er langsam über dem Steilabfall der Alb herüber auf den Flugplatz zusteuert. Die Postkarte zeigt in etwa den Zeitpunkt.

Leicht hat sich die große Maschine am Boden gelöst, leicht und elegant – man merkt es kaum – setzt sie wieder auf. Der Flug mit diesem größten Landflugzeug ist für alle, die dabei waren, ein Erlebnis.



Graf Zeppelin landet. Und nun naht der Augenblick, auf den die vielen Tausende in glühender Hitze so lange gewartet haben: genau 5:30 Uhr erscheint „Graf Zeppelin“ über dem Rollfeld und wirft einen Postbeutel ab.







Dann verschwindet er noch einmal hinter den Flugzeughallen. Das Klemm-Geschwader, das zu seinem Empfang gestartet war, ist nach einigen Kurven wieder gelandet. 5:40 Uhr erscheint Zeppelin wieder über dem Flugplatz und setzt zur Landung an. Der Landungswimpel hängt unter der Führergondel. Die Haltemannschaften, eine Abteilung Schutzpolizei und die Feuerwehr begeben sich an ihre Plätze,
GELANDET 5:45 Uhr fallen die Halteseile. Langsam senkt sich der Riese zur Erde. Und nun setzt ein nicht endender Jubel der vielen Tausende ein. Aus den Kabinenfenstern wird Antwort gewinkt. Als erster springt Kapitänleutnant Schiller aus der Gondel, der zusammen mit Kapitänleutnant Lehmann die Fahrt geleitet hat. Aus dem einen Kabinenfenster schaut „Tito“, der heißgeliebte Bordhund. Mit leisem Bedauern, dass die schöne Fahrt so schnell zu Ende ist, steigen die Passagiere aus. Die neuen Passagiere stehen fiebernd am Einstieg und können das An-Bord-Gehen kaum erwarten. Während die neuen Fahrgäste an Board gehen, wird das Schiff ausgewogen.




ABFAHRT Rasch rückt die Zeit zur Abfahrt heran. 6:34 Uhr erschallt aus dem Sprachrohr der Befehl „Taue los!“ und langsam erhebt sich der Riese wieder in die Luft, begleitet von Rufen und Winken der Zurückbleibenden.




6:50 Uhr ist er am Horizont verschwunden, um sich noch rasch der Hauptstadt zu zeigen. Kurz vor 7:00 Uhr erscheint „Graf Zeppelin“ über Stuttgart, zieht eine Schleife über der Stadt und neigt vor dem neu eröffneten Hotel, das seinen Namen trägt, die Spitze zum Gruß. Rasch entschwindet er dann in der Dämmerung.



Die Hoteleröffnung war sonntagmorgens am 28-Juni 1930, 11.00 Uhr, der Überflug gegen 18:45 Uhr. Wahrscheinlich wurde der Termin für die Böblinger Landungsfahrt extra auf das Datum der geplanten Hoteleröffnung abgestimmt.
Das Vorarlberger Volksblatt berichtete am 30. Juni 1931 Luftschiff „Graf Zeppelin“ stieg Sonntag, nachmittags halb 4 Uhr unter Führung von Luftschiffsführer Lehmann zur Landungsfahrt nach Böblingen auf. An der Fahrt nahmen 44 Passagiere, darunter 12 Gäste vom Württembergischen Wirtschaftsministerium in Stuttgart teil. Nach gelungener Landung in Böblingen kehrte das Luftschiff abends 8 Uhr wieder nach Friedrichshafen zurück. Neunzehn Sonderzüge transportierten rund 27.000 Personen nach Böblingen. Nach dreiviertelstündigem Aufenthalt flog Graf Zeppelin LZ127 über Stuttgart wieder zurück nach Friedrichshafen. Von Böblingen fuhren 25 Sonderzüge wieder zurück.
Eine Böblingerin erzählt im Briefverkehr mit ihrer Tochter vom Zeppelinbesuch. 19. Juli 1931„… Der Zeppelinanflug war großartig und schönes Wetter, wie man sich kein schöneres denken konnte, dieser Umtrieb, so ist es hier noch nie zugegangen, alle 10 Minuten kam ein Sonderzug von allen Seiten. Autobusse und Autos waren bis über Vaihingen hinaus, Ehningen, Dagersheim. Berittene Polizei. Von Mittag um 1/2 6 Uhr kam erst der Zeppelin wieder bei uns vorbei, blieb aber nicht lange hier, sondern ging nach Umkreisung wieder Friedrichshafen zu. Und dann wurden die Wirtschaften überfahren von Leuten, da muss es hergegangen sein, drunter und drüber.“








