Nelly Diener

… war die erste Stewardess Europas

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Die Schweizer Fluggesellschaft Swissair, die u.a. auch den Flughafen Stuttgart-Böblingen anflog, setzte ab dem 01. Mai 1934 die erst am 28. März 1934 gelieferte Curtiss AT-32C Condor (CH-170) ein.

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Curtiss AT-32C Condor (CH-170) bei einem früheren Flug in Stuttgart-Böblingen
Curtiss AT-32C Condor (CH-170) am 29.05.1934 in Stuttgart-Böblingen (Dannwolf)
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Erstmals an Bord war Europas erste Flugbegleiterin, Nelly Diener. Ihr Einsatz erwies sich als sehr erfolgreiche Service-und Marketingmaßnahme. Die schweizerische Presse glorifizierte sie als «blonde, lockige, langbewimperte Dame» zum «Engel der Lüfte». Ihre Fluggäste verwöhnte sie mit selbst zubereiteten Speisen und Getränken.

Condor und Clark, Frl. Diener und Hagedorn

Die Verpflegung war in den Anfangs­jahren der Swissair nicht im Flugpreis inbegriffen; für eine Bordküche war im knapp bemessenen Raum in den Pioniertagen der Verkehrsflugzeuge kein Platz. Im Angebot waren Tee, Kaffee, belegte Brote, Suppe und Früch­te. Passagieren, die unter Flugangst litten, redete Nelly Diener beruhigend zu, und mit vielen spielte sie Karten, oder es wurde zur Ablenkung von der Flugangst gestrickt, miteinander Lieder gesungen oder sogar gejodelt.

Nelly Diener

Die Flugbegleiterinnen der Swissair verrichteten ihre Arbeit anfangs noch ohne Uniform und mussten sich mit einer weißen Schürze begnügen – zeitgenössische Aufnahmen außerhalb des Flugzeugs zeigen Nelly Diener hingegen mehrheitlich mit Fliegerjacke, Hosen und Mütze.

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Am 27. Juli 1934 kam Nelly Diener bei ihrem 79. Flug auf der Flugstrecke Zürich – Stuttgart – Berlin bei Wurmlingen beim Absturz mit der Curtiss AT-32C Condor (CH-170) aus 1.000 m Höhe zusammen mit 2 weiteren Besatzungsmitgliedern und neun Passagieren ums Leben.


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Nelly Diener und Hans Daschinger, Bordfunker der abgestürzten Curtiss AT-32C Condor (CH-170

Der Bericht der Swissair zum Geschäftsjahr 1934  zum Unglück und seinen Ursachen: Im abgelaufenen Geschäftsjahre hatte unsere Gesellschaft ihren ersten schweren Flugzeugunfall durch den Absturz der Curtiss-Condor am 27. Juli 1934 bei Tuttlingen zu beklagen. Nach dem Bericht der amtli­chen Untersuchungskommission war die Ursache auf einen versteckten Dauerbruch des Anschlusslappens der beiden rechten vorderen Verspannungsdrähte im Motoreinbau zurückzuführen. Alle Ansprüche aus diesem Unfall sind inzwischen restlos erledigt worden. Der treuen Bordmannschaft, Herrn Armin Mühle­matter – Pilot, Herrn Hans Daschinger –  Bordfunker, Fräulein Nelly Diener, Stewardess, die in Erfüllung ih­rer Pflicht ihr Leben ließen, werden wir stets ein ehrendes Andenken bewahren.»

Zum 75. Jahrestag des Absturzes am 27.07.2009 in der Schwäbische.de Vor 75 Jahren endete der Flug nach Berlin tragisch

Der nahezu 90-jährige Max Zepf aus Wurmlingen erinnert sich noch daran. Viele Einzelheiten seien ihm nicht mehr präsent, aber insgesamt sei es für ihn als 14-Jährigen ein eindrückliches Erlebnis gewesen, das unter die Haut gegangen sei, berichtet Zepf. „Der Flieger“ auf der Route von Dübendorf bei Zürich über Böblingen nach Berlin habe damals zum Alltag in Wurmlingen gehört. Man habe fast die Uhr danach stellen können, so präzise habe dieser immer werk­tags seinen Flugplan eingehalten, erinnert sich der Zeitzeuge. Am Unglückstag habe es jedoch „einen Knall getan“ und die Maschine sei abgestürzt. Mit dem Fahrrad sei er dann gleich die „Staig“ hinauf gefah­ren und nach einem Defekt zu Fuß weiter gegangen. So sei er mit einer der Ersten am Unglücksort gewe­sen. Die Trümmer des Flugzeuges seien weit verstreut worden. Einer der Motoren habe ein ganzes Stück weg vom Rumpf der Maschine eingeschlagen. Er habe später noch miterlebt, wie die Toten geborgen worden seien. Die Polizei sei ebenfalls schnell da gewesen und habe die Schaulustigen zurückgeschickt, erinnert sich Max Zepf. Grund für den Absturz der schweizerischen Verkehrsmaschine sei ein „Tragflächenbruch“ gewesen, steht auf der Tafel des Gedenk­steins am Wanderweg nach Russberg. Symbolhaft dafür ist sicher auch die darunter angelehnte „Installation“ mit einem Christuskorpus: Der linke seiner ausgestreckten Arme ist abgebrochen und mit einem dür­ren Zweig notdürftig wieder angebracht worden. Der rechte Arm fehlt ganz und ist durch diesen Zweig er­setzt. Rechte Tragflächen brachen ab. Tatsächlich sind bei dem Flugzeug – einem Doppeldecker – in der Luft die rechten Tragflächen abgebrochen, wie es Autor Richard Leute im Jahrbuch 1993 der Tuttlinger Heimatblätter beschreibt. Als Ursache sei Materialermüdung ermittelt worden: Ein „versteckter Dauerbruch“ eines sogenannten Anschlusslappens der beiden rechten vorderen Verspannungsdrähte im Moto­reneinbau zwischen den Tragflächen der Doppeldeckermaschine. Wohl durch die extreme Belastung in ei­ner Bö brach dieser „Lappen“ vollends durch und verursachte den Riss weiterer Spanndrähte. Die Maschi­ne war damit nicht mehr flugfähig und stürzte ab. „Swissair CH-170“ hatte am Unglückstag gegen 9.45 Uhr Tuttlingen überflogen und war danach in einer Wolke über dem „Kapf“ verschwunden. Zeugen beobachte­ten kurz darauf, wie Bruchstücke der Maschine nach unten stürzten und im Wald einschlugen. Die Trüm­mer waren dort weit verstreut. Einer der beiden Motoren lag neben dem Rumpf der Maschine, der andere gut 50 Meter davon entfernt, so die Beschreibung von Richard Leute. Einwohnern von Russberg und Bee­rensammlern sei es gelungen, den Flugzeugrumpf so weit zu drehen, dass man an die eingeklemmten Körper herankonnte. Allerdings war keine Hilfe mehr möglich: Die neun Fluggäste, der Pilot, der Bordfun­ker und die Flugbegleiterin Nelly Hedwig Diener, die erste Stewardess Europas, waren bei dem Aufprall getötet worden.

Curtiss AT-32C Condor (CH-170) vier Wochen vor dem Absturz auf dem Flughafen Stuttgart-Böblingen anlässlich des Besuchs einer italienischen Fliegerstaffel
Vor dem Abflug nach Stuttgart-Böblingen am Tag des Absturzes 27.07.1934 die Curtiss AT-32C Condor (CH-170) auf dem Flughafen Zürich-Dübendorf

tuttlingen-im-wald-truemmer-und-personen-1934-f_Die Unglücksstelle
6-gedenksteinEin Gedenkstein wurde vom Tuttlinger Wilhelm Oettinger errichtet

Am Unglückstag war Oettinger beim Beeren sammeln in unmittelbarer Nähe der Absturzstelle. Zeitlebens hat er sich um die Pflege der Gedenk­stätte gekümmert. Weshalb auf der Tafel als Uhrzeit des Absturzes 16 Uhr angegeben ist, bleibt offen. Alle anderen Quellen berichten von einem Absturz am Vormittag gegen 10, das entspricht auch dem Flugplan.

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