…. 20. April 1925 erster planmäßiger Linienflug ab Böblingen
Im „Stuttgarter Neues Tagblatt“ vom 18. April 1925 wird das Ereignis angekündigt: Eröffnung des amtlichen Luftverkehrs Zürich-Stuttgart-Frankfurt
„Es wird wahr. Die Hindernisse sind beseitigt, die letzten Schwierigkeiten überwunden. Der amtliche süddeutsche Flugverkehr wird, wie geplant, am nächsten Montag, dem 20. April, aufgenommen. Morgens 8 Uhr 45 Min. fahren die ersten Personenwagen ab, die dazu bestimmt sind, die Fluggäste nach dem Flughafen Böblingen – Stuttgart-Böblingen heißt er eigentlich – zu bringen, und zwar von Fürstenstraße 2, Stuttgarter Handelshof, aus. Etwa eine Stunde später steigen draußen die Flugzeuge in die Lüfte, Richtung Mannheim – Frankfurt. Und wieder einige Stunden später folgen Kraftwagen als Zubringer für Fluglinien Richtung Nord-Süd und Richtung West-Ost. Und so in Zukunft täglich.
Es wird ein bedeutsamer Augenblick sein, in dem dieser amtlicher Luftverkehr bei uns seinen Anfang nimmt. Zwar sind die behaglichen Warte- und Aufenthaltsräume in Böblingen noch nicht ganz fertig, weshalb auch die Eröffnungsfeier noch etwas hinausgeschoben wird, aber sonst ist alles wohlorganisiert: der Flugsicherungsdienst durch ein über ganz Deutschland sich hinziehendes Netz von meteorologischen Beobachtungsstationen. Funktelegrafisch laufende deren Berichte bei der Zentrale des deutschen Höhenwetterdienstes zusammen und werden von dort aus, wiederum funktelegrafisch, den einzelnen Flughäfen übermittelt. Diese haben selbst noch einen örtlichen Beobachtungsdienst und unterrichten sich gegenseitig über die Start- und Landungsverhältnisse.
Erstklassige, moderne Kabinenflugzeuge mit 5-t bequemen Passagiersitzen stehen für den Flugdienst bereit. Sie sind mit allen Einrichtungen versehen, die den Fluggästen höchste Sicherheit und möglichste Bequemlichkeit bieten. Durchaus erprobte Flugzeugführer, die ihre Strecken genau kennen, sitzen an den Motoren. Mit sicherer Hand führen sie das Steuer. Kein Flug wird unternommen, ohne dass nicht alles aufs peinlichste nachgeprüft worden wäre. Das Flugprogramm mit seinen Abflug- und Ankunftszeiten steht genau fest. Wer von Stuttgart-Böblingen nach Frankfurt fliegen will, hat 9 Uhr 45 Minuten vormittags Gelegenheit dazu. Auch wenn in Mannheim eine Zwischenlandung gemacht und eine Viertelstunde Aufenthalt genommen wird, ist er schon nach 1½ Stunden am Ziel.
Und die ganze Flugreise kostet ihm nur 35 Mark. Was bietet sie allein für das Auge an Genüssen der landschaftlichen Schönheit! Und welches Hochgefühl ist es, in den Lüften zu schweben und wie auf Adlersflügen dahinzusegeln, mit einer Stundengeschwindigkeit von 160 Kilometer! Wem’s bis Frankfurt nicht genügt oder wer geschäftlich im Norden zu tun hat, der kann weiterfliegen nach Hamburg. In 4½ Stunden ist er dort, einschließlich der vorgesehenen Zwischenlandungen und Aufenthalte in Dortmund und in Bremen. Genauso lange dauert der Flug auf der Linie Stuttgart-Leipzig- Berlin…“

„Der 20. April wird im Verkehrsleben Württembergs stets in Erinnerung bleiben, wurde doch an diesem von der Witterung nicht besonders begünstigten Montag-Vormittag, an dem über dem weiten Plan des Flugplatzes Böblingen regenschwere Wolken hingen, die von der Luftverkehrs Württemberg AG im Rahmen des großen deutschen Flugplanes verwaltete amtliche Verkehrslinie Zürich-Stuttgart-Mannheim-Frankfurt mit den Anschlüssen nach Hamburg, Berlin und Leipzig ihrer Bestimmung übergehen. Eine Reihe von Interessenten, sowie die für die Einrichtung dieses Verkehrs verantwortlichen Persönlichkeiten, die Herren der Luftverkehr Württemberg A.G., Ministerialrat Kälin, Major a.D. Palmer, der zukünftige Flugleiter in Böblingen, Direktor Zobel, sowie von den amtlichen Stellen Staatsrat Rau als Vertreter des Arbeits-und Ernährungsministeriums, Präsident Tafel vom Landesfinanzamt, Direktor Strasser von der Reichsbahngesellschaft, Oberpostrat Ambacher von der Oberpostdirektion Stuttgart, Rechtsrat Dr. Elsas von der Stadtverwaltung Stuttgart, Dr. Klien von den württembergischen Handelskammern, hatten sich zum Empfang des ersten auf der Strecke Zürich-Stuttgart verkehrenden Flugzeuges eingefunden.
Fahrplanmäßig sollte das Flugzeug 9 Uhr 30 eintreffen. Aber da die Wettermeldungen in der Schweiz nicht günstig waren, wurde erst 8 Uhr 54 abgeflogen. Während der unfreiwilligen Wartezeit zeigte das Leichtflugzeug L20, konstruiert von Regierungsbaumeister Direktor Klemm von den Karosseriewerken Sindelfingen der Daimler-Motoren-Gesellschaft, seine Eignung als ausgezeichnetes Kleinflugzeug mit 20 PS Kraftleistung. Pünktlich 10 Uhr 05 erschien dann am Horizont in Richtung gegen Herrenberg der silbergraue Aero-Lloyd D-552, der nach einer Schleife über dem Flugplatz an dem vorbestimmten Landungskreuz aufsetzte und gegen den zukünftigen Warteraum, der in flotter Arbeit in wenigen Wochen schmuck dastehen wird, zurollte. Ihm entstiegen neben den Fahrgästen Major Hailer, der bekannte bayrische Flieger und Leiter der Aero-Lloyd-Station München, sowie der Pilot Rother.
Ministerialrat Kälin begrüßte die ersten Fluggäste, Piloten und das Flugzeug, das er als Amme des neuen Verkehrsprozesses im württembergischen Verkehrswesen bezeichnete. Er gab der Hoffnung Ausdruck, dass die nicht leichten Vorarbeiten der Luftverkehr A.G. durch ein stets reibungsloses Zusammenarbeiten mit den „Schwesterwaffen“ – der Reichsbahn und der Post – und eine ergänzende Weiterentwicklung aller Verkehrsgattungen belohnt werden mögen. Er schloss mit einem Hoch auf die deutsche Luftfahrt. Bei einer Zusammenkunft sprach dann Dr.Klien für die Württembergischen Handelskammern. Er wünschte den tatkräftigen Männern, die sich für die Durchführung und Ausnützung der technischen Neuerungen einsetzen würden, Glückauf. Major Hailer dankte für das herzliche Willkommen. Ministerialrat Kälin sprach als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Württembergischen Luftverkehr A.G., Staatsrat Rau im Namen des Württembergischen Arbeits- und Ernährungsministeriums, Präsident Tafel im Namen des Landesfinanzamtes, Direktor Strasser für die Reichsbahndirektion. Alle waren sich darin einig, dass das neue Verkehrsmittel sich wertvoll ergänzend einfügen könne und dass die Unterstützung aller Kreise dem neuen Unternehmen sicher sei. Bei dieser Gelegenheit wurde auch überaus anerkennend der opferwilligen Arbeit der Stadtgemeinde Böblingen und ihres Stadtvorstandes gedacht, die es trotz mancher Anfeindungen fertiggebracht habe, den einzigen und schönsten Flugplatz wieder seiner Bestimmung zuzuführen.
Wir wünschen diesem neuen Verkehrsmittel, das in der Luftverkehr Württemberg A.G. treu und fachlich verwaltet wird, die beste Entwicklung. Die gesamten Verhältnisse – Zubringung der Fluggäste zum Flughafen und Rückbeförderung der Ankommenden nach Stuttgart – ist hier nicht anders als an allen bedeutenden Flughäfen auf dem Kontinent. Es steht bestimmt zu erwarten, dass, wenn in den Geschäftskreisen erkannt ist, welche Vorteile in der raschen Beförderung auf weite Entfernungen liegen, die Linie Zürich-Stuttgart-Frankfurt mit ihren Ausstrahlungen nach den deutschen und ausländischen Flughäfen bald ein unentbehrliches Glied im deutschen und internationalen Luftverkehr sein wird. Dazu Glückauf!“
Begrüßungs-Telegramm des Stuttgarter Oberbürgermeisters
„Die Eröffnung des Flugverkehrs, der unsere Städte miteinander verbindet, gibt mir Veranlassung, die erste Flugpost zu benützen, um Ihnen, sehr geehrter Kollege, zu heutigen Tage die besten Wünsche zu übermitteln und gleichzeitig der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass die vielseitigen wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zwischen unseren Städten durch das neue Verkehrsmittel eine weitere Belebung und Vertiefung erfahren möge.“




Weitere Fluggesellschaften


Weiteres zur Dornier Komet III D-552
Ab 1925 flog die D-552 für die Aero-Lloyd, ab 1926 für die Deutsche Luft Hansa (siehe unten)
Eine interessante Abhandlung von Günter Frost „Zulassung und Kennzeichnung der deutschen Zivilflugzeuge 1914-1945“ (Ausschnitt)