Katapultflug

…. mit Luftpost verkürzte sich die Laufzeit von Böblingen nach Südamerika  erheblich

Vorwort

In den 1920er Jahren beschäftigten sich Konstrukteure, Fluggesellschaften und Luftpostdienste mit der Überquerung des Atlantiks zwischen Europa und Amerika mit dem Flugzeug. Die ersten Flüge erzeugten großes Aufsehen, besonders Lindberghs Flug  1927 von New York nach Paris. Die ungenügende Reichweite der damals verfügbaren Flugzeuge waren für einen planmäßigen Luftpostdienst jedoch noch ein großes Problem. Die Luft Hansa fand die Lösung in der Kombination Flugboote (Wale) mit Stützpunktschiffen. Zwei Dornier-Wal-Flugboote (Monsun und Passat) wurden bestellt. Als Stützpunktschiff für die Flugboote wurde das 1906 von Joh. C. Tecklenborg in Geestemünde für den Norddeutschen Lloyd gebaute Frachtschiff am 1. Juli 1932 an die Deutsche Luft Hansa verchartert und bei der Deschimag in Bremen und Kiel zu einem Katapultschiff umgebaut. Zwischen Schornstein und Bug wurde das Katapultdeck für den Flugzeugstart auf Stützen verlegt. Darauf war an Steuerbordseite die Katapultanlage montiert. Eine Verschiebebahn verband das Katapult mit der Heckplattform des Schiffes. Dort war ein großer Wippkran für das Herausheben des Wasserflugzeuges verankert. Zur Ausrüstung gehörte auch eine neu entwickelte Schlepplattform aus Segeltuch. Diese schleppte man am Schiffsheck, wenn ein Flugboot aufgenommen wurde. Die Katapultanlage bildete das Herzstück der gesamten Schiffsoperation. Die Flugzeugschleuder auf der „Westfalen“ kam von den Heinkel-Flugzeugwerken und war für Maschinen bis 15 Tonnen Gewicht und einer Startgeschwindigkeit von 150 km/h konstruiert. Die Gesamtlänge einschließlich der benötigten Bremsstrecke für den Startschlitten betrug 42 Meter. Das hieß, für den Start standen noch 32 Meter zur Verfügung. Beim Start betrug für 1,5 Sekunden die Höchstgeschwindigkeit das 3,5fache der Erdbeschleunigung.


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Schon 1930 wurden erste Versuche durchgeführt- siehe Beschreibung eines Sammlers –


  • Im Juni 1933 wurden erstmals 5 Versuchsflüge über größere Entfernungen durchgeführt:

1.Versuchsflug 02. Juni 1933 „Westfalen“ nach Bathurst (Afrika)

aus dem Album eines Sammlers:

2. Versuchsflug 04. Juni 1933 – Bathurst – „Westfalen“ – Natal (Südamerika)

3. Versuchsflug 06. Juni 1933 „Westfalen“ – Natal (Südamerika)

1933-06-06 MilchJoachim Blankenburg (Flugkapitän) an Staatssekretär Erhard Milch (Reichsministerium für Luftfahrt)

4.Versuchsflug 22. Juni 1933 Natal (Südamerika)  – „Westfalen“

5.Versuchsflug 23. Juni 1933 „Westfalen“ – Bathurst (Afrika

1933 Versuche, um die besten Routen herauszufinden
  • 1934 Januar Generalprobe

Vor der Aufnahme eines planmäßigen Luftpostdienstes der Deutschen Lufthansa nach Südamerika im Februar 1934 findet im Januar erst noch eine Generalprobe statt. Nachdem zunächst eine Heinkel He70 der Lufthansa versuchsweise von Berlin über Sevilla nach Las Palmas und zurück geflogen ist, wird vor allem die Überquerung des Südatlantiks geprobt. Am 20. Januar 1934 fliegt die Ju52 D-2526 „Zephyr“ von Sevilla nach Las Palmas, von wo sich ein Flug des Dornier-Wal D-2339 „Taifun“ nach Bathurst anschließt.

Darüber wird am 21.01.1934 im Observer berichtet

Zwischenzeitlich startet in Rio de Janeiro  der anläßlich der vorjährigen Testflüge bei der Syndikato Condor LTda. verbliebene Wal D-2069 „Monsun“, um Maceio zu erreichen. Die „Taifun“ wird in Bathurst an Bord des Katapultschiffes „Westfalen“ genommen und nach längerer Fahrt am 24. Januar 1934 auf der Position 9° 27° Nord, 20° 55° West in Richtung Natal in die Luft geschleudert. Am 28. Januar werden beide Flugboote von Natal zu der Brasilien vorgelagerten Insel Fernando de Noranho überführt, wo sie die inzwischen ebenfalls eingetroffene „Westfalen“ an Bord nimmt. Während die „Monsun“ am nächsten Vormittag nach einem Katapultstart wieder in Richtung Natal zurückfliegt, wird die „Taifun“ erst am 31. Januar wieder in Richtung Position 2° 25° Nord, 27° 2° West, rund 910 Meilen vor der afrikanischen Küste, in die Luft geschleudert, um noch vor der „Westfalen“ in Bathurst einzutreffen.

Nach insgesamt sechs Jahren mit insgesamt sieben Versuchsflügen war die Erprobung Ende Januar 1934 abgeschlossen.


Beginn des Linienfluges nach Südamerika

Der planmäßige Flug begann am frühen Morgen des 3.Februar 1934. Mit rund 36,53 Kilogramm Post und 8,54 kg Dienstpost an Bord starteten Flugkapitän Robert Untucht und Oberfunkermachinist Karl Kirchhoff ihre einmotorige Heinkel He70 „Blitz“ – damlas das schnellste Verkehrsflugzeug der Lufthansa – in Stuttgart zum Flug über Sevilla nach Cadiz. Dort wurde die Post von einer bereitstehenden dreimotorigen Junkers Ju52 mt dem Namen „Zeyphyr (sie trug das Kennzeichen D-2526) übernommen und mit einer Tankzwischenlandung in Las Palmas nach Bathurst

In der folgenden Grafik werden alle Routen der Südamerika-Verbindung mit Flugzeug, Schiff und Zeppelin (LZ127) von 1930 bis 1937 dargestellt.

Darstellung der Route aus dem Album eines Sammlers:

  • In der Jubiläumsschrift anläßlich des 10jährigen Jubiläums 1926-1936 der Deutschen Lufthansa wird der Luftverkehr mit Südamerika besonders erwähnt:

Das wichtisgste Ereignis des Jahres 1934 ist jedoch die Aufnahme des planmäßigen Luftverkehrs mit Flugzeugen zwischen Deutschland und Südamerika auf der ersten Transozeanluftverkehrsstrecke der Welt. Das jahrelange Ringen um die Erschließung dieser wichtigen Hochstraße der Luft und die zähe Pinonierarbeit der Lufthansa findet mit der Eröffnung des Luftpostdienstes zwischen Stuttgart und Natal (Pernambuco) am 3. Februar ihren Abschluß.

Das umfangreiche Vorbereitungsprogramm hatte neben einer weiteren Vervollkommnung des schwimmenden Flugstützpunkts „Westfalen“ während der Wintermonate auch Probeflüge zwischen Berlin, Sevilla und Las Palmas mit einem Heinkel-Schnellpostflugzeug He70 gebracht. Dabei gelang es, die 4200 km lange Entfernung zwischen Berlin und Las Palmas in der Rekordzeit von 13 Stunden 25 Minuten zurückzulegen.

Vorläufig wird der Luftpostdienst Deutschland-Südamerika einmal vierzehntäglich in beiden Richtungen betrieben. Der Verkehr auf dieser schwierigsten  Luftverkehrsstrecke der Welt wird so durchgeführt, daß die für Südamerika bestimmten Luftpostsendungen von einer Heinkel He70 von Berlin über Stuttgart und Marseille nach Sevilla gebracht werden.

Aufkleber für die Luftpost

Von hier aus fliegt eine dreimotorige Junkers Ju52 über Las Palmas nach Bathurst in British-Gambien. Dort übernimmt eine Dornier-Wal-Flugboot die Post, fliegt zu der etwa in Atlantik-Mitte kreuzenden „Westfalen“, landet in Lee des Schiffes und wird über das Schleppsegel an Bord genommen und auf die Großflugzeugschleuderanlage gesetzt. Nach Ergänzung des Betriebsstoffes wird das Flugboot zum Fluge über die zweite Landeklappe nach Natal (an der Ostküste Südamerikas)   abgeschossen, wo das Condor-Syndicat die Weiterleitung der Sendungen nach Rio de Janeiro und Buenos Aires besorgt. Für die Bewältigung des rund 14.000 km langen, von Deutschland über Frankreich, Spanien, Nordafrika, den Südatlantik und die lateinamerikanische Küste führenden Flugweges ist eine Beförderungsdauer von 4 bis 5 Tagen planmäßig vorgesehen. Es gelingt jedoch, auf fast allen Flügen diese Zeit beträchtlich zu verkürzen. Anfang April erteilt der Bundespräsident der argentinischen Republik dem Condor-Syndicat die Konzession zur Beförderung von Luftpost von und nach Argentinien.

aus dem Album eines Sammlers:

Ende Mai 1934 muß die „Westfalen“, die sich seit einem halben Jahr im Südatlantik befindet, für sechs Wochen aus dem Verkehr gezogen werden und nach Deutschland zurückkehren. In der Zwischenzeit übernimmt das Luftschiff „Graf Zeppelin“, das sein planmäßiges Fahrtenprogramm wieder beginnt, den vierzehntäglichen Luftpostdienst zwischen Deutschland und Südamerika. Als die „Westfalen“ am 7. Juli wieder auf ihre Position zurückgekehrt ist, wird der bisher vierzehntäglich betriebene Transatlantik-Luftverkehr in Zusammenarbeit mit dem Luftschiff zu einem wöchentlichen verdichtet. Nach den außerordentlich guten Erfahrungen mit der „Westfalen“ hat die Lufthansa das Motorschiff „Schwabenland“ gekauft und es ebenfalls für die Verwendung als schwimmenden Flugstützpunkt im Südatlantik umbauen lassen.

Die „Schwabenland“ zeigt gegenüber der „Westfalen“ eine Reihe technischer Verbesserungen, die dem gesamten Dienst zugutekommen. Da ein schwimmender Flugstützpunkt stets fahrbereit sein muss, erfordert der Dampfer, dass sein Kessel dauernd unter Dampf stehen. Das Motorschiff hat dagegen den Vorteil, dass es jederzeit in Betrieb genommen werden kann, ohne dass es während der Liegezeit Brennstoff verbraucht. Während die Schleuderanlage der „Westfalen“ auf dem Vorderschiff untergebracht ist, befindet sich die Schleuderbahn der „Schwabenland“ achtern, was die Bewegung der Flugboote an Bord erleichtert. Das von allen Deckaufbauten freie Achterschiff besitzt neben der Schleuderbahn zwei Abstellbahnen, auf denen die nicht zum Abschuss kommenden Flugboote ruhen. Beim Transport der an Bord genommenen Flugboote ist es auch nicht mehr nötig, diese wie bei der „Westfalen“ mit dem Tragflügel um Schornstein und Mast herumzuschwenken, um sie auf die Schleuderbahn zu setzen. Abschuss und Anbordnahme erfolgen über das Heck. Die Ausbildung des ersten Teiles der Schleuderbahn als Drehscheibe stellt einen weiteren bedeutsamen technischen Fortschritt dar. Der große Heckkran ist so ausgeführt, dass der Ausleger, wenn er nicht benutzt wird, auf das Deck des Schiffes gesenkt werden kann und dadurch den Start nicht beeinträchtigt. Es kommt hinzu. dass die „Schwabenland“ von vornherein für den Dienst in den Tropen entworfen und gebaut worden war, sich also eine Umgestaltung des Schiffes in dieser Hinsicht erübrigte.

Darstellung der Schiffe aus dem Album eines Sammlers

Als das Luftschiff „Graf Zeppelin“ im Herbst 1934 seine planmäßigen Fahrten einstellt, befindet sich die „Schwabenland“ bereits auf ihrer Position vor Bathurst, und im November kann die Lufthansa allein die Weiterführung des wöchentlichen Luftpostdienstes nach Südamerika übernehmen. Es kommt hinzu, dass die Dornier-Metallbauten aus den bisher verwendeten Dornier-Wal den 10-Tonnen-Wal mit einer beträchtlich größeren Reichweite entwickelt haben. So erfährt der Transatlantikdienst auf dem Ozeanabschnitt zwischen Bathurst und Natal eine wesentliche Umstellung. Während in den ersten Monaten die Flugboote vom Meer starteten, zur „Westfalen“ flogen, an Bord genommen und zu Weiterflug abgeschossen wurden, die 3200 km lange Atlantikstrecke also künstlich unterteilt war, ist dies im Hinblick auf die vergrößerte Reichweite der Flugboote nun nicht mehr notwendig. Die moderne und für den Dienst im tropischen Klima an der afrikanischen Westküste besser geeignet „Schwabenland“ wird vor Bathurst stationiert, die „Westfalen“ dagegen in der Nähe der Insel „Fernando Noronha“, auf dem Fluge nach Südamerika wird die Post von dem auf der „Schwabenland“ befindlichen, startbereiten 10-Tonnen-Wal übernommen, der Flugstützpunkt läuft aus , der Wal wird auf See mit der Großschleuderanlage gestartet und fliegt direkt nach Natal (Pernambuco)). Auf dem Rückflug erfolgt der Abschuß von der „Westfalen“, nachdem das Flugboot von Natal zum Flugstützpunkt bei Fernando Noranha geflogen, an Bord genommen und mit Betriebsstoff versehen worden ist. Durch die Regelmäßigkeit, Sicherheit und Schnelligkeit erwirbt er sich Vertrauen nicht nur in den Kreisen der deutschen Wirtschaft, sondern in starkem Maße auch m Ausland. An dem Postaufkommen sind neben Deutschland in der Hauptsache England, Italien, Spanien und die Schweiz beteiligt. Die Beförderungsleistung steigt auf über 200 Kilogramm Briefpost, daß sind 40.000 Leichtbriefe mit einem Gewicht von je 5 Gramm. Trotz aller Schwierigkeiten kann dieser erste Transatlantikluftverkehr ebenso planmäßig wie die Strecken auf dem Kontinent abgewickelt werden. Das stellt nicht nur die Organisation und vor allen an der Durchführung beteiligten Flugzeugbesatzungen, dem Schiffs- und Bodenpersonal das beste Zeugnis aus, sondern gewinnt an Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass Deutschland keinerlei Kolonial-Stützpunkte besitzt, deren sich der Lufthansa-Dienst bedienen könnte. Während des ersten Jahres können 24 Flüge in Richtung Südamerika, 23 in Richtung Europa ohne jeden Zwischenfall und ohne die Postlaufzeit zu überschreiten, durchgeführt werden. Dabei werden 400.000 Flugkilometer zurückgelegt. Daneben bestand die schon in den Vorjahren geübte Zusammenarbeit zwischen dem Luftschiff und dem Condor-Syndicat während der Zeppelinfahrten fort.


Die Briefmarkenserie von Gambia zeigt den Transportweg über den Südatlantik mit Katapultschiff- Flugboot/Zeppelin:


  • Die Deutsche Lufthansa startete am Morgen des 03.Februar 1934 in Stuttgart-Böblingen den historischen Flug TO 1 (Trans-Ozean).
Stempel Böblingen 1
Böblinger Stempel für die Südamerika-Route mit einem Stern oder zwei Sternen

Lufthansa Katapult Luftpost Werbebroschüre 1934 (mit Flughafen Stuttgart-Böblingen)

Lufthansa Luftpost Südamerika Werbebroschüre 1935

1935 mußten die beiden Katapultschiffe „Westfalen“ und „Schwabenland“ zur Überholung in die Werft. In dieser Zeit übernahm das Luftschiff „Graf Zeppelin“ den Transport:

Lufthansa Zeppelin Luftpost Werbebroschüre 1935


  • Bericht vom ersten Flug

Den ersten Flug mit 37,5 kg Post an Bord starteten Flugkapitän Untucht und sein Funker Kirchhoff mit einer Heinkel He70 „Blitz“, dem damals schnellsten Flugzeug der Lufthansa, zum Flug über Sevilla nach Cadiz.

Postübernahme – (Lufthansa DLH 3088)

Die Dartstellung der Flugzeuge eines Sammlers:

Dort wurde die Post von einer bereitstehenden Junkers Ju 52 (D-2526 „Zephyr“) übernommen und mit einer Tankzwischenlandung in Las Palmas nach Bathurst (dem jetzigen Banjul, Hauptstadt von Gambia) in British Gambia geflogen.

Flughafen Bathurst – JU52 (Lufthansa DLH 3030 1)

In der Gambia-Flußmündung, dem Hafen der damaligen englischen Kolonie, lag das Lufthansa-Katapultschiff „Westfalen“ (Link Lebenslauf) mit den beiden Dornier Wal-Flugbooten „Passat“ D-2068 und „Taifun“ D-2399, später D-AKER, an Bord vor Anker.

Taifun – (Lufthansa DLH 3066-13-9)

Ein Kurier brachte die Post vom Flugplatz zum Hafen. Sie wurde in den Rumpf der „Taifun“ verstaut, die „Westfalen“ lichtete den Anker und dampfte hin­aus auf den Südatlantik, Richtung Brasilien. Im Morgengrauen des 7. Februar um 4 Uhr, wurde die „Taifun“ vom Katapult der „Westfalen“ nach Südamerika gestartet.

Das Flugboot stand unter dem Kommando von Flugkapitän Blankenburg. Zu seiner Besatzung gehörten der zweite Flugzeugführer Blume, Flugmaschinist Gruschwitz und Fun­ker Fechner. Damals gab es noch keine selbsttätige Kurssteuerung. Es musste „von Hand“ gesteuert werden, Stunde um Stunde und nur wenige Meter über dem Wasser. Nur so konnte der Luftstauef­fekt zwischen den Tragflächen des Flugbootes und dem Wasser ausgenutzt und in Geschwindigkeit umgesetzt werden: Man flog schneller, sparsamer und erhielt damit eine größere Reichweite. Der Flug verlief ohne Zwischenfälle. Kein Schiff zeigte sich am Horizont. Immer wieder kletterte Otto Gruschwitz in die Motorengondel, um den Lauf der beiden je 680 PS starken BMW-Triebwer­ke zu überwachen. Günther Fechner, der Funker, hielt Verbindung mit der „Westfalen“, holte Quer­abpeilungen zur Standortbestimmung von Schiffen, die sich seitlich vom Kurs befanden, und schließlich vernahm er leise die ersten Funksignale der noch weit voraus liegenden Station Natal auf dem brasilianischen Festland. Nach elf Stunden Flugzeit kam der 30 m hohe Basaltfelsen der Sträflingsinsel Fernando de Noronha in Sicht. Blankenburg kurvte über der Insel und sah unter sich in der geschützten Bucht einen zwei­ten Dornier-Wal zum Start rollen. Es war die D-2069 „Monsun“ mit Flugkapitän Clausbruch am Steuer.

Deutsche Bundespost 2008

Er war der „Taifun“ von Natal aus entgegengeflogen und begleitete nun die Postmaschine auf den letz­ten 40 km bis zur brasilianischen Festlandküste. Um 17.05 Uhr wasserten beide Flugboote sicher auf dem Rio Potingui in Natal. Ab Natal war die „Condor“ für die Weiterbeförderung zuständig. Das deutsch-brasilianische Syndicato Condor war eine Gründung der Lufthansa. In nur zwanzig Minuten wurde die Post an Bord der mit Schwimmern ausgerüsteten Junkers W34 „Tieté“ des Condor-Syndikates verlassen.

Sie wurde von Flugkapitän Mertens, Flugmaschinist Al­trath und dem Funker Siverio do Santos geflogen. Mertens startete Richtung Rio de Janeiro. Um 22.47 Uhr kam das Leuchtfeuer von Maceió in Sicht. Nach kurzer Nachtruhe startete die Besatzung um 6 Uhr erneut. Bei der nächsten Zwischenlandung zum Tanken wurde in Salvador fünfzehn Ka­nister Zusatztreibstoff an Bord geladen, um Rio de Janeiro nun im Nonstopflug zu erreichen; Flug­maschinist Altrath hatte ein Verfahren entwickelt, um die Junkers W34 während des Fluges aus zu betanken und so ihre Reichweite erheblich zu erhöhen. Die Flugleitung in Salvador hatte die Startzeit der „Tieté“ telegrafisch nach Rio übermittelt. Dort wußte man die Junkers W34 der TO-1-Strecke schon sechseinhalb Stunden in der Luft. Das war ihre maxi­male Flugzeit. Kein Funkkontakt, kein Motorengeräusch. Der Verdacht einer Notlandung liegt sehr nahe. Sollten Suchflugzeuge starten?  Aber dann, nach 7 Stunden und 45 Minuten Flugzeit Moto­rengeräusch im Norden: Zuerst ein Strich am Horizont, dann die Silhouette eines Flugzeuges, die Junkers W34 „Tieté“ nähert sich rasch, umkreist die Gruppe winkender Menschen und setzt sich vor Caju sanft auf das Wasser. Rio de Janeiro war erreicht. Noch am gleichen Abend wurde der Flug fortgesetzt bis Florionopolis. Dort wurde das Flugzeug im Hafen an einer Boje vertäut, und die Besatzung konnte ein paar Stunden in der Kabine schlafen. Am 9. Februar 1934 um 5.55 Uhr startete Flugkapitän Mertens zur letzten Etappe. Nach Zwischen­landung in Porto Alegre, Rio Grande und Montevideo erreichte die Junkers W34 „Tieté“ um 19.09 Uhr Buenos Aires: der erste planmäßige Luftpostflug, der erste Linienflug der Luftverkehrsge­schichte über den Atlantik, war beendet. Die Gesamtflugzeug von Stuttgart nach Buenos Aires betrug 66 Stunden 12 Minuten. Dabei wurden 13.300 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von gut 200 km/g zurückgelegt. Die Postlaufzeit Stuttgart-Rio von 21 Tagen auf dem Land-und Seeweg war auf fünf Tage verkürzt worden und die Laufzeit nach Buenos Aires sogar von 30 auf sechs Tage. Noch bevor die Junkers W34 „Tieté“ Buenos Aires erreicht hatte, startete die W 34 „Tibagy“ am 7. Februar 1934 mit der Besatzung Flugkapitän Erler, Flugmaschinist Kleinat und Funker Pascini zum Flug in Gegenrichtung. Am 9. Februar übernahm der Dornier-Wal „Taifun“ in Natal die Deutschland-Post und landete nach 8 stündigem Flug mitten im Südatlantik neben dem Lufthansa-Katapultschiff „Westfalen“. Das Flugboot wurde an Bord genommen, gewartet und betankt. Am Morgen des 10. Februar startete die „Taifun“ nach Bathurst. Dort übernahm wieder die Junkers Ju 52 „Zephyr“ die Post, übergab in Larache (Nordafrika) der Heinkel „Blitz“, die am 12. Februar um 14.16 Uhr Ortszeit in Stuttgart-Böblingen landete. Damit war der Lufthansa-Flug TO 1 in beiden Richtungen störungsfrei abgelaufen. Von nun an wurde die Südamerika-Linie regelmäßig beflogen. TO 2 verließ Stuttgart am 17. Febru­ar, TO 3 am 4. März. Alle zwei Wochen wurde ein Lufthansa-Flug nach Buenos Aires durchgeführt. Lediglich vom 30. Mai bis 6. Juli mußte eine Pause eingelegt werden, um die Flugzeuge zu überho­len. Dafür übernahm das Luftschiff Graf Zeppelin LZ127 die Post beförderung. Als ab dem 13. September 1934 ein zweites Katapultschiff, die „Schwabenland“ (Link Lebenslauf) eingesetzt werden konnte und auch nachts geflogen wurde, ver­kürzte sich die Verkehrszeit um einen weiteren Tag.

Die Schwabenland lief am 14. März 1925 als Frachter (Schwarzenfels) vom Stapel und wurde am 16. Juli 1925 an die Deutsche Dampfschifffahrts-Gesellschaft „Hansa“, Bremen abgeliefert. 1934 Umbau zu einem Katapultschiff.

Frachter „Schwarzenfels“

Katapultschiff „Schwabenland“

Katapultanlage „Schwabenland“

Mit dem Einsatz der „Schwabenland“ war die schnellste Verbindung nach Ar­gentinien von einem Monat auf fünf Tage geschrumpft. Bis zum Jahresende 1934 flog die Lufthansa 23mal nach Südamerika und zurück. Schon mit dem ersten Flug wurde auch Vertragsstaaten- und Mitläuferpost befördert. Von vielen europäischen Postverwaltungen wurde die Route mitbenutzt und dafür die Post geliefert. Mit 21 europäischen Staaten (z.B. von Belgien bis zum Vatikan) wurden Sonderkonditionen für den Luftpostdienst von Böblingen nach Südamerika vereinbart.

  • 1935 August Zum 100.Postflug Resümee über die Postflüge (Heidelberger Volksstimme )
  • Beim 150.TO kam es zu einem Totalverlust eines Flugbootes:

Der 10-t-Wal D-ADYS an Bord des Katapultschiffs „Westfalen“ Dezember 1934, das zu Reparaturzwecken in Rio war (Lufthansa DLH 3066 30-19)

Am 14. Februar 1936 um 18.18 Uhr (GMT) katapultierte der 10-t-Wal D-ADYS („Tornado“) vor Fernando de Noranha von der „Westfalen“ – ein Routineflug nach Bathurst bei normalem Wetter in die Nacht hinein, wie schon so oft. Dauernder Funkkontakt und dann nach 9 Stunden 34 Minuten Flugzeit plötzlich Stille auf der Frequenz. Alles Anrufen nützte nichts, irgendetwas war passiert. Bei einer Dornier Wal musste das nicht unbedingt zur großen Sorge Anlaß geben. Notwasserungen auf hoher See gingen meist friedlich ab, und so machten sich die Westfalen und die Schwabenland von Bathurst auf den Weg, um die Besatzung etwa 1.434 Kilometer von Noranha entfernt aufzufischen. Vorsorglich informierte man alle in der Nähe stehenden Schiffe per Funk von dem vermissten Flugboot mit dem Kennzeichen D-ADYS. Am 20.Februar, nach umfangreicher Suchaktion mit drei Flugbooten und sieben Dampfern unterschiedlicher Nationen, war der Verlust von Besatzung und Maschine schmerzliche Realität. Nicht ein einziges Trümmerstück wurde gefunden. Die Fliegerkameraden hatten zur Unfallursache ihre Vermutungen. Um den Bodeneffekt beim Flug über Wasser auszunutzen, er sparte bis zu 15% Treibstoff, flogen die Routiniers nur etwa drei bis fünf Meter hoch über der im Südatlantik oft platten See, mit immerhin rund 200 Stundenkilometern. In der Nacht musste man schon etwas höher fliegen und mit dem Einschlafen bei eintönigem Flug rechnen. Flugzeugführer Olaf Bielenstein hatte bereits zehn TO-Flüge hinter sich, sein zweiter Flugzeugführer, Volontär Otto Scheffler, allerdings noch gar keinen. „Von denen ist einer eingenickt, und bei Wasserberührung mit 200 Sachen findet man später nichts mehr“. So die traurige Vermutung der Kameraden.

  • Vom 01. November 1935 bis zum 06. Dezember 1935 übernahm mit sechs Flügen das Luftschiff Graf Zeppelin den Postverkehr über den Südatlantik anstatt mit Flugbooten und Schiffen.
  • Die „Heidelberger Neuen Nachrichten“ vermeldeten am 12. März 1936, dass auf dem 152.planmäßigen Südamerika-Postflug eine Postlaufzeit von 1 1/2 Tagen erreicht wurde

Die Ära, in der Böblingen der Ausgangspunkt für den Luftverkehr nach Südamerika war, ging nach insgesamt 160 Flügen mit dem letzten Flug am 23. April 1936 aus Südamerika zu Ende. Am selben Tag startete die erste Lufthansa-Maschine von Frankfurt/Main aus.


Postkarte – nicht mehr Böblingen, aber interessant – Schwabenland in Brasilien


    Ursprünglich fanden wir den Film „F.P.1. wird Wirklichkeit“ auf der youtube-Seite von Junkers (https://www.youtube.com/watch?v=GcN_i) Film und Ton sind nicht synchronisiert. Durch Zufall stießen wir auf eine synchronisierte Fassung des Films (ab 2:00 Szenen mit Flughafen Stuttgart-Böblingen)

    Ursprünglich fanden wir den Film F.P.1 wird Wirklichkeit – Briefe fliegen über den Ozean (1935) auf der youtube-Seite von Junkers https://www.youtube.com/watch?v=BtmwAT-atZo Film und Ton sind nicht synchronisiert. Durch Zufall stießen wir auf eine synchronisierte Fassung, aber nicht vollständige Fassung des Films. (total 10:24, ab 2:00 Szenen mit Flughafen Stuttgart-Böblingen)

    Jetzt fanden wir durch Zufall den kompletten Film (15:40) im Bundesarchiv (total 15:40, ab 2:00 Szenen mit Flughafen Stuttgart-Böblingen)

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