Wetterwarte

… ohne Wettervorhersage kein Flug

Bei der Anlage des Militärflugplatzes musste auch an die Wetterbeobachtung gedacht werden. Wetterwarte der Fea10
Gerät zur Wetterbeobachtung am Flugzeug Fea10
Gerät zur Wetterbeobachtung Fea10

Kurz nach der Eröffnung des Linienflugverkehrs am 20. April 1925 folgender Bericht im „Stuttgarter Neues Tagblatt“

Flugverkehr und Wetterdienst in Württemberg: In den Mitteilungen des Württ. Statistischen Landesamtes lesen wir: Noch wirft der Flugverkehr nicht so viel ab, dass er bei uns ohne weitgehende staatliche Unterstützung bestehen könnte, obwohl auch Gemeinde und Industrie erkleckliche Zuschüsse leisten. In erster Linie ist das Reich an der Unterstützung beteiligt. Es zahlt nicht nur einen Beitrag für jeden durchflogenen Kilometer, sondern auch den weitaus größten Teil des Nachrichten- und Sicherungsdienstes. E stellt die drahtlosen Sende- und Empfangsgeräte, alle etwa erforderlichen Fernsprechleitungen und das Personal für den Nachrichten- und Wetterdienst, für letztgenannten, soweit er nicht durch bereits vorhandene Landesanstalten durchgeführt werden kann. Die Länder leisten ebenfalls namhafte Beiträge zum Teil in baren Geldbeträgen, zum Teil durch Übernahme der fachlichen Kosten für den Wetterdienst.

In den Mitteilungen des Württ. Statistischen Landesamtes wird dann angegeben, wie sich der Betrieb nach vollendetem Ausbau des Flughafens Böblingen abwickeln wird, und es wird als Beispiel der Flug von Böblingen nach Zürich und umgekehrt genommen. Der Flugzeugführer muss vor allem wissen, ob Nebel oder Gewitter auf irgendeinem Teil seiner Strecke eingetreten sind. Nebel kann z.B. im Sommer hochgelegene Gegenden, wie sie auf unserer Linie zu überfliegen sind, bedecken, währen das Tiefland davon befreit ist. Oder es können am Albtrauf Gewitter stehen, von denen in Böblingen nichts wahrzunehmen ist. Deshalb melden die Postämter von Kirchheim u.T., von Tübingen und von Tuttingen auf dem Drahtweg kurz vor dem Abflug die an ihrem Sitz herrschenden Wetterverhältnisse, vor allem Sicht, Wolkenhöhen, Niederschläge und Wind, nach Böblingen. Die Wetterverhältnisse in der Schweiz, die vom Züricher Flughafen Dübendorf alle Stunden zu bestimmten Minuten gefunkt werden, müssen vom Böblinger Empfänger aufgenommen werden. Für den Abflug in Zürich melden dieselben Postämter wieder nach Böblingen, das diese Nachrichten zusammen mit seinen eigenen örtlichen Beobachtungen, denen in der Regel auch noch eine Windmessung mit Pilotballon beigefügt ist, auf seinem Sender wieder zu bestimmter Minute hinausgibt. Auf solche Weise ist in Zürich schon vor dem Abflug die Witterung auf der Strecke und am Landungsort bekannt.

Für die übrigen Linien, nämlich von und nach Mannheim, Frankfurt, München, Leipzig und Baden-Baden gilt Entsprechendes. Der von Böblingen zu bedienende Sender hat nicht nur die Wetter-, sondern auch Abflug- und sonstige Betriebsmeldungen abzugeben. Ebenso müssen die Start- und Betriebsmeldungen von den Nachbarhäfen in Böblingen aufgenommen werden. Da sie zu vorher nicht bestimmten Zeiten erfolgen, muss für sie eine zweite Empfangsanlage vorhanden sein. Denn die erste ist ja durch den Wetterdienst fast ununterbrochen belegt. Eine dritte Empfangsanlage ist erforderlich zur Aufnahme der internationalen Wettermeldungen, die zur Herstellung der Wetterkarte, dass unbedingte Erfordernis zur Beurteilung der allgemeinen Wetterlage, benötigt werden. Diese Nachrichten laufen dreimal am Tage je etwa zwei Stunden lang in ununterbrochener Folge ein, sie überdecke sich also vielfach mit den Betriebsleitungen und den innerdeutschen Wettermeldungen, bedürfen also einer dritten Empfangsanlage. Als solche wird die der Landeswetterwarte, die auch bisher schon den internationalen Dienst versah, verwendet werden. Wegen der Notwendigkeit, einen Teil der Wettermeldungen nicht in Böblingen, sondern in Stuttgart aufzunehmen, ist eine besondere, dem übrigen Verkehr entzogene Fernsprechleitung zwischen dem Flugplatz und der Landeswetterwarte notwendig. Zur Bewältigung des ganzen, recht umfangreichen Nachrichtendienstes stellt das Reichsverkehrsministerium der Landeswetterwarte zwei Assistenten zur Verfügung. Außerdem müssen auf seine Kosten einige Funker eingestellt werden.


(Stuttgarter Neues Tagblatt 1937-11)

Die Flugwetterwarte leiteten anfänglich Dr. Klocker und Dr. Dinkelacker, sodann Dr. Thielebeln und von 1938 bis 1941 Dr. Nestle, später Leiter des Wetteramtes Stuttgart. Sie wurde mit der Verlegung des Wirtschaftswetterdienstes auf den 1. April 1935 von Stuttgart auf den Flughafen Böblingen in eine Wetterbezirkszentrale umgewandelt, die sich im 1. Stock des Flughafengebäudes befand. Ihr war von 1938 bis Kriegsbeginn eine Radiosendestation angeschlossen (Leiter Dr. Nakonz). Die Wetterwarte gab die für die Flugleitung und Flugzeugführer unentbehrlichen Wetterlagen durch, auch oblag ihr die Flugberatung des zivilen und sonstigen Flugverkehrs und bis zum Kriegsbeginn auch die Durchführung des Wirtschaftswetterdienstes und die Ausgabe der Wetterkarte. (Quelle Garnison und Fliegerstadt Funk)

Beobachter Einweisung 1937 vor dem Flughafengebäude (Foto Helmut Dinkelacker)
Wolkenbeobachtung – im Vordergrund Daimler-Klemm L20 D-980 der Flugsportgruppe Sindelfingen (Foto Helmut Dinkelacker)
Wettermaschine Junkers A20 auf dem Flughafen Stuttgart-Böblingen
BMW-Motorprüfung der Junkers K43 Wettermaschine auf dem Flughafen Stuttgart-Böblingen

Dr. Otto Dinkelacker

im 1. Stock des Flughafengebäudes – rechts Dr. Otto Dinkelacker (Foto Helmut Dinkelacker)
Ballonaufstieg vom Flughafengebäude – rechts Dr. Otto Dinkelacker (Foto Helmut Dinkelacker)

Regierungsdirektor Dr. Otto Dinkelacker, Nachruf am 15. Mai 1961 Völlig unerwartet verstarb am Samstag in einem Stuttgarter Krankenhaus nach kurzer, schwerer Krankheit der Leiter des Wetteramts Stuttgart, Regierungsdirektor Dr. Otto Dinkelacker, im Alter von 61 Jahren.

Sein Leben und Wirken stand ganz besonders im Dienst der Meteorologie, zu deren bahnbrechenden Pionieren er gehörte, und seiner Heimatstadt Sindelfingen, deren ältesten Geschlechtern der Verstorbene entstammt. Zunächst für den Lehrberuf bestimmt, trat Dr. Dinkelacker nach dem Studium der Mathematik und der Physik bald nach dem in Tübingen abgelegten Staatsexamen in den Wetterdienst ein. Mit Energie und Tatkraft baute er den Flugwetterdienst Böblingen auf und leistete damit Pionierdienste in einem Zweig der Meteorologie, der damals noch völlig Neuland war. Immer darauf bedacht, zum Kern der Dinge vorzustoßen und Theorie und Praxis zu vereinen, erwarb er selbst den Flugzeugführerschein, um seine wissenschaftliche Tätigkeit mit den Erfahrungen aus dem eigenen Erleben zu bereichern und in Übereinstimmung zu bringen. Zusammen mit Dr. med. Bissinger, dem verstorbenen Direktor Otto Seizer und dem Sindelfinger Flugpionier Karl Schumacher, gründete er in den zwanziger Jahren die Fluggruppe Sindelfingen, die über eine eigene Motormaschine vom Typ Klemm L20 D-608 verfügte. Damit beteiligte sich Dr. Dinkelacker mit seinen Fliegerkameraden auch mit hervorragendem Erfolg am Deutschen Zuverlässigkeitsflug 1929. Auch in den späteren Jahren hat Dr. Dinkelacker es nie unterlassen, in Wetterflügen wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln. Bei dem weiteren Aufbau des Wetterdienstes wurde er in das Luftamt Stuttgart berufen, um die Leitung der Abteilung Wetterdienst zu übernehmen. Später war er als Luftgaumeteorologe in Nürnberg und während des Zweiten Weltkrieges auf den Kriegsschauplätzen im Westen und Osten bei verschiedenen Wetterdienststellen in führender Position tätig.

Nach dem völligen Zusammenbruch 1945 setzte er seine ganze Kraft für den Wiederaufbau des Wetterdienstes in Deutschland ein, zunächst in Seelbach für die französisch besetzte Zone, dann für den Landeswetterdienst für Südwürttemberg-Hohenzollern, dessen Leitung er 1949 in Tübingen übernahm. Mit der Zusammenfassung zum Bundeswetterdienst in den Jahren 1952/1953 wurde Dr. Dinkelacker mit der Leitung des Wetteramtes Stuttgart betraut. Diese Stellung hatte er bis zu seinem Tode inne. Daneben widmete er sich weitgehend der Forschung und hielt Vorlesungen über Meteorologie an der Universität Tübingen. Weltaufgeschlossenheit und umfassende Bildung paarten sich bei Dr. Dinkelacker mit tiefer und fest im Glauben gegründeter Religiosität. Schon in jungen Jahren schloss er sich in Sindelfingen dem „Christlichen Verein Junger Männer“ an, dessen Vorsitz er in seiner Heimatstadt eine Reihe von Jahren innehatte und dem er immer eng verbunden blieb. So war auch die treibende Kraft für den Bau des Lehrlingsheims des CVJM in Sindelfingen, dem er nach der Fertigstellung auch als Vorstandsvorsitzender des Arbeitsausschusses Lehrlingsheim und als Vorsitzender des Kuratoriums Lehrlingsheim seine ganze Kraft widmete.

Nach dem letzten Weltkrieg schloss er sich politisch der CDU an, deren stellvertretenden Vorsitz er im Ortsverein Sindelfingen übernahm. Darüber hinaus war er auch lange Zeit als Beisitzer im Kreisverein der CDU tätig. Seiner vornehmen und bescheidenen Art lag es nicht, sich in irgendeiner Form in den Vordergrund zu stellen. Als er jedoch gerufen wurde, aktiv als Stadtrat für seine Heimatstadt Sindelfingen zu wirken, war es für ihn selbstverständliche Pflicht, diesem Ruf zu folgen. 1956 hielt er den Einzug in den Sindelfinger Gemeinderat. Sein vornehmer, lautere Charakter, sein konziliantes und immer um Ausgleich bemühtes Wesen, sein frohsinniges und geselliges Naturell, vor allem aber sein kommunalpolitischer, in die Zukunft gerichteter Weitblick, der dennoch nie am Detail vorüberging, sicherte ihm sehr rasch größte Achtung im Gemeinderat seiner Heimatstadt und in dessen verschiedenen Ausschüssen sowie auch in den Gremien der Zweckverbände, in denen er tätig war. Das Vertrauen und die Achtung, die ihm von allen Parteien im Gemeinderat entgegengebracht wurden, fanden ihren Ausdruck in der einstimmigen Wahl zum stellvertretenden Bürgermeister: Bei mancherlei Anlässen, bei denen er als Vertreter von Bürgermeister Gruber in feiner und vornehmer Art die Stadt Sindelfingen repräsentierte, hat er das Vertrauen, voll und ganz gerechtfertigt. Sein rascher und unerwarteter Tod hinterlässt überall da, wo er, immer unter vollem Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit, wirkte, schmerzliche, kaum zu ersetzende Lücken. (Quelle Sindelfinger Zeitung)

Dr. Otto Dinkelacker in einer Klemm KL25 mit Wetteruntersuchungs-Aufbau (Foto Helmut Dinkelacker)
vorn Dr. Otto Dinkelacker in einer Daimler- Klemm L20 D-980 der Flugsportgruppe Sindelfingen (Foto Helmut Dinkelacker)
Die Fliegerhaube von Dr. Otto Dinkelacker (2012 von Helmut Dinkelacker der FSG Hahnweide überlassen)
Gerätebrett von Dr. Otto Dinkelacker (2012 von Helmut Dinkelacker der FSG Hahnweide überlassen und in eine Kranich 2 eingebaut)

Kurt Heilig

Büro im 1. Stock des Flughafergebäudes – rechts Kurt Heilig
vor dem Büro im 1. Stock des Flughafergebäudes – 2. vr. Kurt Heilig
vor dem Büro im 1. Stock des Flughafergebäudes – 2. vr. Kurt Heilig
vor dem Büro im 1. Stock des Flughafergebäudes – 2. vr. Kurt Heilig
vor dem Büro im 1. Stock des Flughafergebäudes – 2. vr. Kurt Heilig
unbekanntes Gebäude
unbekanntes Gebäude
Ballonaufstieg – l. Kurt Heilig
Ballonaufstieg – l. Kurt Heilig
Ballonaufstieg – l. Kurt Heilig
Ballonaufstieg – l. Kurt Heilig

Bundesarchiv RL_6_83

Unterlagen des Luftamtes Stuttgart und der Wetterdienststelle Böblingen aus dem Jahre 1936

1936-03 Tätigkeitsbericht der Wetterdienststelle Böblingen – Dr. Dinkelacker war vom 16. bis 21.03.1936 Flugkursus zwecks Erhaltung des A2-Scheines nach Freiburg i.Br. beurlaubt
1936-05 Tätigkeitsbericht der Wetterdienststelle Böblingen (1) – Dr. Dinkelacker kehrt am 11.05.1936 vom nachrichtentechnischen Lehrgang aus München zurück.
1936-05 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (2)
1936-06 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (1)
1936-06 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (2) – Dr. Dinkelacker besucht am 05.06.1936 die Meteorologen-Besprechung in München und vom 08. bis 20.06.1936 den Meteorologen-Kursus in Berlin (Reichsamt)
1936-06-15 Flugwetterwarte Böblingen berät die Fliegerhorst-Wetterwarte Göppingen
1936-07 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (2)
1936-07 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (2)
1936-10 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (1)
1936-10 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (2) – Dr. Dinkelacker wird am 19.10.1936 zum kommissarischen Luftamtsmeteorologen ernannt.
1936-10 Bericht über den Klimadienst beim Luftamt Stuttgart – Dr. Dinkelacker wird am 19.10.1936 zum Wetterdienst des Luftamts Stuttgart kommandiert
1936-11 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (1)
1936-11 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (2)
1936-11 Bericht über den Klimadienst beim Luftamt Stuttgart (1)
1936-11 Bericht über den Klimadienst beim Luftamt Stuttgart (2)
1936-12 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (1)
1936-12 Tätigkeitsbericht Wetterdienststelle Böblingen (2)
1936-12 Bericht über den Klimadienst beim Luftamt Stuttgart – Dr. Dinkelacker nahm vom 07. bis 09.09.1936 an der Tagung der Luftkreis- und Luftamtsmeteorologen in Berlin teil.
Flugwetterwarte Böblingen als zentraler Meldedienst 1937-05-30 (Badische Presse)-
Wetterwarte Stuttgart-Böblingen als Wirtschaftswetterdienst 1938-09-13 (Der Führer)