1919-1925 Nutzung bis Gründung „Luftverkehr Württemberg A.G.“

… keine Flugzeuge, was nun ?

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs im November 1918 wurde auch der Militärflugplatz aufgelöst. In einer Wettbewerbsauschreibung des Stadtschultheißenamtes Böblingen im Februar 1919 heißt es „Das Gelände des Flugplatzes soll jedoch nicht in den Bebauungsplan einbezogen werden“. Trotzdem stellte sich für Böblingen aber die Frage einer zukünftigen Nutzung des Geländes.

Laut der Beschreibung der Gebäudebrandversicherung waren auch folgende Gebäude frei geworden:

  • 2. stöckiger Flügelanbau 36,25 m X 13,15 m aus Stein und abgewalmten Dachaufbau, erbaut 1918
    • UG Kohlen und Lagerraum
    • EG Werkstatt für Rumpfbau, 1 Abstellraum, 2 Lagerräume und Treppenhaus, Werkstatt mit Motorenreparatur, 1 Raum für Flughafenmeister, 2 Funkräume, 1 Raum für das Polizeibüro, 1 Raum für funk- und Fernschreibvermittlung, 1 Dunkelkammer, 3 Büroräume, 1 Wartezimmer, 1 Vorplatz, 1 Abortanlage
  • 2.stöckiger Flügelanbau 36,25 m X 13,15 m aus Stein und abgewalmten Dachaufbau, erbaut 1918
    • UG 2 Lagerräume
    • EG Speiseraum, 1 Durchgang, 1 Mannschaftsstube, 1 Abortanlage, 1 Schlafraum, 1 Kleiderablage, 1 Lagerraum
  • 1.stöckiger Zwischenbau aus Stein und Pultdach angebaut 49,8 m X 6,5 m
    • UG 1 Heizraum und Holzlager
    • EG 1 Raum für Motorenkontrolle, Heizraum und je ein Raum für Sattler, Flaschner- und Schreinerwerkstätten
  • dazwischen 1.stöckige Flugzeughalle aus Stein unter flachem Satteldach 29,8 X 27.9 m
    • UG 1 Magazin
    • EG 1 Arbeitshalle

Im Gelände-Inventar vom November 1919 findet sich folgende Bemerkung „Von besonderem Wert war das Werftgebäude samt Kläranlage, das massiv konstruiert und dessen Dach mit Pfannenfalzziegel gedeckt war“. Die Gebäude waren jetzt leer und die Beschäftigten des Militärflughafens arbeitslos, da alle Flugzeuge aufgrund des Versailler Vertrages vernichtet werden mussten. 


1920-08-30 Württ. Bevollmächtigter des Reichsrats an Stadtschultheißamt Böblingen: Auf das Schreiben vom 26.8.: In der Angelegenheit betreffend die Überlassung der Flugzeughallen auf dem Flugplatz Böblingen an die dortige Stadtgemeinde habe ich mich alsbald schriftlich und persönlich an die Wiedergutmachungskommission hier gewandt. Der für die Sache zuständige Herr dieser Kommission, ein amerikanischer Major Bush, teilte jedoch mit, der Verkaufsvertrag über die Flugzeughallen sei bereits vor zwei Wochen fest abgeschlossen worden. Die Käuferin sei eine von Herrn Jenisch vertretene Brüsseler Firma, die eben das höchste Gebot gemacht habe. Leider habe die Wiedergutmachungskommission nicht gewusst, dass sich auch die Stadtgemeinde Böblingen dafür interessiere. Auf meine Frage, ob dem nicht eine Rückgängigmachung des Vertrages hinsichtlich der Böblinger Flugzeughallen möglich sei, wurde mir in verneinendem Sinne geantwortet. Major Bush bemerkte nur, er wolle die Sache in der Wiedergutmachungskommission noch einmal zur Sprache bringen und gegebenenfalls weitere Mitteilungen machen. Schäffer


Dazu aus „Der Landesflughafen Böblingen 1919-1938“ (Dr. Daniel Kirn) Nachdem der Versailler Friedensvertrag in Kraft getreten ist, haben leider noch geführte eingehende Verhandlungen mit der interalliierten Kontrollkommission für die Luftfahrt, welche bezweckten, die Hallen dem deutschen Wirtschaftsleben zu erhalten, zu keinem Erfolg geführt. Die Entente hat den Abbruch sämtlicher Hallen gemäß Spa-Abkommen angeordnet und die Wiedergutmachungskommission beauftragt, die Hallen auf Abbruch zu verkaufen. (Ba R 2/8708, 17,August 1920 / 26,August 1920). Alle Gebäude wurden zum Verkauf ausgeschrieben, aber sonderbarerweise schon durch Kaufvertrag am 17. August 1920 an die Firma Carl Jänisch, Berlin-Wilmersdorf als Bevollmächtigter der belgischen Firma Doyen & Söhne, Fabrik für Landmaschinen, übertragen. Es folgten lange Auseinandersetzungen mit den entsprechenden Behörden, nachdem offenkundig wurde, dass es bei dem Kaufvertrag nicht mit rechten Dingen (bis hin zur Urkundenfälschung) zuging.


1920-12-29 Stuttgarter Neues Tagblatt


1921-02-11

(Quelle Philipp)

1921-02 Ausschusssitzung des Reichstags u.a. wurde die Petition einer Bürgerversammlung in Schönbuch und einer Gemeinderatssitzung in Böblingen verhandelt, die um Ansiedlung leistungsfähiger Industriewerke auf dem stillgelegten Flugplatz bei Böblingen bittet. Vermutlich war der Maschinenfabrikant Frova aus Mailand ein weiterer Aktionär, denn von diesem erwarben die Schwäbischen Hüttenwerke (SHW) nach einer stürmischen Generalversammlung im Januar 1924 die Aktienmehrheit an der Böblinger Werft A.G.


1921-03-03 Reichstagsprotokoll Nr.1580 „Bericht des Ausschusses für Volkswirtschaft“  (Quelle) In der Ausschußsitzung vom 2. Februar 1921 wurde die Petition einer Bürgerversammlung in Schönbuch und einer Gemeinderatssitzung in Böblingen verhandelt, die um Ansiedlung leistungsfähiger Industriewerke auf dem stillgelegten Flugplatz bei Böblingen bittet. Der Berichterstatter (Abgeordneter Käppler) trug die Wünsche der Petenten und ihre Begründung vor. Ein Regierungsvertreter gab hierauf folgende Erklärung ab:

„Auf dem Flugplatz bei Böblingen sind in gleicher Weise wie auch bei anderen reichseigenen Flugplätzen die Hallen von der Entente auf Abbruch verkauft worden. Die verbleibenden Reste der Flugplatzanlagen sollen erhalten und nach Möglichkeit verwertet werden. Es ist beabsichtigt, dieselben an Industrien abzugeben. Bisher hat sich die Automobil-Fabrik „Libelle“ *) um die Teile, welche bei der Werft liegen, interessiert. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen, jedoch hat die Firma bereits mit ihre Einrichtungen begonnen. Es sind lediglich noch Preisdifferenzen zu klären. Weiterhin hat die Reichseisenbahn von dem Reichseisenbahnhof benachbarten Teil übernommen um dort in den vorhandenen Gebäuden Eisenbahn-Werkstätten einzurichten. Weiterhin sind Verhandlungen im Gange, Teile der Anlagen an eine größere Transport-Gesellschaft zu Lagerzwecken zu vermieten. Die Regierung hat sich bemüht, in den Anlagen Industrien unterzubringen, und wird auch weiterhin ihr Augenmerk darauf richten, daß die noch stehenden Anlagen im volkswirtschaftlichen Interesse verwertet werden“ Dem Antrag beider Berichtserstatter entsprechen, beantragt der Ausschuß: Der Reichstag wolle beschließen: die Eingabe betreffend Freigabe des Flugplatzes bei Böblingen zur Besiedelung leistungsfähiger Industriewerke, der Reichsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.“


Die Stadt Böblingen verfolgte jetzt den Weg der Industrieansiedlung. Der Landesflughafen Böblingen 1919-1938 (Dr. Daniel Kirn): Zur Ausweitung ihrer Produktion in Sindelfingen zeigte u.a. die Firma „Libelle“ (siehe weiter unten) Interesse, die Kleinautos in Serie bauen wollte. Am 8. Oktober 1920 wurde der Geheime- und Kommerzienrat Dr. Philip Wieland in Ulm, im Präsidium des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, davon in Kenntnis gesetzt, dass ab sofort mit der Firma „Libelle“ über eine Ansiedlung in der Böblinger Werfthalle verhandelt werden könne. Die Verhandlungen scheiterten jedoch, weil die Firma „Libelle“ den ganzen Platz samt Werftgelände kaufen wollte und somit ihren Firmensitz nach Böblingen verlagern würde. Die Verpachtung des Werftgebäudes und seiner Einrichtungen wollte sich jedoch das Reichsschatz-Ministerium vorbehalten. Die Stadt Böblingen wollte dies allerdings nicht hinnehmen,“ Die Libelle wäre der geeignete Kandidat und Mieter, da die Autoindustrie so eng mit der Flugzeugindustrie verbunden ist, dass es, wie bei der DMG in Sindelfingen lange Zeit üblich, möglich wäre, nebenbei Flugzeuge zu reparieren und neu zu bauen“. Doch die Stadt Böblingen zog den Kürzeren.

1920-05-05 sucht Mitarbeiter
Die im Protokoll genannte „Libelle Klein-Auto-Fabrik“ stellte von 1920-1922 im Ortszentrum von Sindelfingen einen Kleinwagen her,  der von einem 4/10-PS-Motor (1,0 l Hubraum, 10 PS – 7,4 kW Leistung) angetrieben wurde.

Am 26. Februar 1921 kaufte Ing. Franz Sonnleithner, Böblingen, einen Teil des Geländes, eine Flugzeughalle, nämlich die Werft, dazu ein Heizungs- und Transformatorenhaus mit einem Umfang von 4 ha und 14 a für einen Betrag von 550.000 Mark von der Reichsschatz-Verwaltung. Die Böblinger Werft wird als AG gegründet und Franz Sonnleithner dessen Vorstand und als „Böblinger Werft A.G“ ins Grundbuch eingetragen (Notariats-Vertrag i. BA R 2/5590). Sonnleithner hatte zuvor die Verhandlungen, mit der Firma „Libelle“, geführt. Die Verhandlungen zeigten aber kein Ergebnis und so hatte er nach dem Abbruch der Flugzeughallen kein Interesse mehr daran. Sonnleithner verlegte er sich nun auf die Gründung der Böblinger Werft A.G. Dies erklärt, warum im Verkaufsvertrag von einer „erst noch (zu) gründenden Aktiengesellschaft“ die Rede ist. Die Werft A.G. wurde aber bereits im Oktober 1920 als eine „in der Gründung befindliche AG“ genannt. Nachdem sich die Chancen der Firma „Libelle“ nicht verwirklichen ließen, wurde die Werft A.G. gegründet. Eine kurze Zeit liefen vermutlich beide Firmen parallel, möglicherweise war auch eine personelle Identität über Sonnleithner und Langenberger hinausgegeben.

Laut Böblinger Bote vom 25. April 1921 wurde die Werft A.G. am 13. April 1920, dann am 4. Oktober 1920 und wiederum am 28. Februar 1921 gegründet. Zumindest das letzte Datum ist keine Gründung, sondern das Datum des Grundstückskaufs. In das Handelsregister eingetragen wurde die Firma schließlich am 20. April 1921.

Im Januar 1921 begann die Werft A.G. mit der Produktion von Maschinenteilen und landwirtschaftlichen Maschinen durch die Gesellschafter-Firma Merker & Sohn. Als Werksmeister waren Johannes Heilig aus Böblingen und Herr Schumacher aus Sindelfingen angestellt.

1921-09-04 Kapitalerhöhung (Badische Presse)

Passagierflughafen in Böblingen ?? Zwischenzeitlich ergab sich eine weitere Chance, das Flughafengelände einschließlich der Gebäude einer weiteren Nutzung zuzuführen, und zwar als Flugplatz im Passagierflugverkehr. Wohin der Weg letztendlich führen sollte, entschied sich erst vier Jahre später mit der Eröffnung des ersten planmäßigen Passagierfluges am 20. April 1925 vom späteren Landesflughafen Stuttgart-Böblingen.

1921-01-03 Paul Strähle erster privaten Linienflugverkehr in Deutschland Das ermutigte die Landeshauptstadt Stuttgart zusammen mit weiteren Kräften des Landes  über die Einbeziehung von Stuttgart bzw. Württemberg in den deutschen und den großen internationalen Luftverkehr zu beraten. 1921 waren in Deutschland schon sieben deutsche Luftverkehrsunternehmen zugelassen und zu Beginn des Jahres suchte ein französisches Flugunternehmen einen Zwischenlandeplatz.  Da fügte es sich gut, dass die Möglichkeit bestand, den ehemaligen Böblinger Flughafen wieder aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Bei einer Besprechung von Rechtsrat Dr. Elsass mit interessierten Kreisen am 11.Februar 1921 war das Ergebnis nicht ermutigend. Von der Mehrheit der Industrievertreter wurde ein Bedürfnis abgelehnt.


1921-05-11 Abhandlung über den Anschluß Württembergs an das europäische Flugverkehrsnetz“ (Schwäbischer Merkur Nr. 212 Erich Süßkind) Nachstehend einige Hauptgedanken: Mit der Ausnahme eines regelmäßigen Luftverkehrs auf der Strecke Stuttgart-Konstanz ist in Württemberg ein Unternehmen ins Leben gerufen worden (Strähle), das zunächst mehr lokaler Natur weitere gedeihliche Entwicklungsmöglichkeit in sich birgt. Freilich ist der Anfang nur ein bescheidener, wenn man bedenkt, daß er bis jetzt nur die Möglichkeit gibt, in Konstanz die Flugpostlinie Warschau-München-Zürich-Genf-Lyon-Madrid zu erreichen. Letztere ist bis jetzt allerdings nur auf der Strecke München-Konstanz verwirklicht, soll aber demnächst nach Zürich unter Verwendung von Wasserflugzeugen weitergeführt werden, um auf diese Weise eine möglichst nahe Landung bei Zürich, und damit eine rasche Verbindung mit der Stadt zu gewährleisten. Es ist nun ohne weiteres ersichtlich, daß mit dieser einzigen Linie den allgemeinen  württ. Verkehrsinteressen von Industrie und Handel noch wenig gedient ist, solange nicht die Strecke nach  Norden ihre Fortsetzung findet und durch eine direkte Verbindung nach Berlin (vielleicht unter Zwischenlandung in Leipzig) die Möglichkeit gibt, dort an die Flugpostverbindung nach Danzig, Memel, Hamburg und Bremen anzuschließen, und damit auf großen Entfernungen auch große Zeitersparnisse zu erzielen. Ein anderer Gedanke, von Stuttgart aus über Frankfurt nach dem industriellen Herzen von Deutschland, dem rheinisch-westfälischen Gebiet, eine Flugverbindung herzustellen, ist solange unausführbar, als ihm unüberwindliche Hindernisse durch die Bestimmung des Versailler Friedensvertrags entgegenstehen, nach dem das Überfliegen des besetzten Gebietes und der neutralen Zone durch deutsche Flugzeuge verboten ist. Aber auch der Wegfall dieser Anschlußmöglichkeit bleibt für Stuttgart die Gelegenheit, seine örtliche Lage dazu auszunützen, die geplante internationale Flugverkehrslinie Paris-Straßburg-Nürnberg-Prag-Warschau und Paris-Straßburg-München-Wien-Best über seinen Flugplatz zu leiten und ihn dadurch zur Bedeutung eines Gabelpunkts für zwei große westöstliche Linien, gleichzeitig aber auch zum Zollflughafen für den Luftverkehr nach Frankreich zu erheben. So einfach und naheliegend diese Pläne erscheinen, so schwierig ist es, sie in die Wirklichkeit umzusetzen. In erster Linie erhebt sich die Frage, ob wir in Württemberg einen Flugplatz besitzen, der den Erfordernissen eines regelmäßigen und umfangreichen Friedensflugdienstes entspricht. Der Canstatter Wasen, der als nächstliegender Platz wohl in Frage käme, und ja auch als Landungsplatz für die Strecke Konstanz-Stuttgart benützt wird, hat den einen großen Vorteil, daß er in unmittelbarer Nähe Stuttgarts gelegen ist und dadurch die rasche Übermittlung der Flugpost an die Bahnhof -und Postanstalten möglich macht. Diesem Vorteil stehen aber andererseits wieder gewichtige Bedenken gegenüber, von denen der beschränkte Umfang des Platzes zu nennen wäre, der einem regeren nordsüdlichen und westöstlichen Durchgangsflugverkehr ernstliche Schwierigkeiten bereiten würde. Dazu kommt noch, daß der Platz infolge heimtückischer Geländewellen die Landung für einen fremden, mit den Geländeverhältnissen nicht genau vertrauten  Flieger erschwert, und zudem von starkem Bodennebel, einem sehr gefährlichen Feind des Fliegers, heimgesucht wird. Der aus der Kriegszeit her wohlbekannte Böblingen-Sindelfinger Flugplatz hat den Vorteil des günstigeren Geländes, bessere Witterungsverhältnisse und den Umstand für sich, daß der Platz aus der Zeit seiner militärischen Verwendung noch eine Reihe von Baulichkeiten zur Verfügung hat, die, sofern sie nicht nach den Bestimmungen des Friedensvertrages abgebrochen werden müssen, bedeutende Ersparnisse an Baukosten einem neu zu erbauenden Flughafen gegenüber ermöglichen ließen. Andererseits müßte man versuchen, die verhältnismäßig große Entfernung des Platzes von Stuttgart durch entsprechende Einrichtung eines Kraftwagen-Postverkehrs für Passagiere und eines Motorrad- betriebs für Brief-und Paketpost auszugleichen. Dadurch würde eine wesentliche Verkürzung der Beförderungsdauer erzielt und die Frage zugunsten des Böblinger Flughafens entschieden.“ ………


1921-07-26 Württ. Gesandtschaft (Quelle) Von dem Stadtschultheissamt Böblingen ist der Gesandschaft der beiliegende Auszug aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 13.Juli 1921, den ich mit der Bitte um Rückgabe anschließe, übersandt worden, mit der Bitte, die Bestrebungen der Stadtgemeinde Böblingen betreffend Erwerbung von Gelände des aufgelassenen Böblinger Flugplatzes beim Reichsschatzministerium zu unterstützen. Die Bitte erscheint mir gerechtfertigt, weshalb ich um Mitteilung bitte, ob ich in einer den Wünschen der Stadtgemeinde Böblingen in entsprechender Weise tätig werden soll. Hildenbrandt


1921-08-09 Reichsschatzminister (Quelle) Die in der Gemeinderatssitzung der Oberamtsstadt Böblingen vom 13. Juli 1921 gemachten Angaben gehen von unzutreffenden Angaben aus. Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrages waren gemäß Artikel 202 sämtliche Flugzeug- und Luftschiffhallen in den Besitz der Feindbundstaaten übergegangen und dem Verfügungsrecht des Reiches entzogen. Es konnten schon nach dem Bekanntwerden des Friedensvertrages weder Hallen verkauft noch vermietet werden. Wo das letztere ausnahmsweise geschah, mußten sich die Mieter verpflichten, ohne Ersatzansprüche an das Reich die Hallen sofort zu räumen, wenn die Entente es verlangte. Die Entente hatte ausserdem verfügt, dass alle vor dem Friedensvertrag  und nach dem Waffenstillstand getätigten Verkäufe über Fliegerhallen usw. null und nichtig sind. Es lag somit nicht in der Macht des Reichsschatzministeriums, an die Verwertung der Böblinger Hallen heranzugehen. Die Reparationskommission hat, wie bekannt, die Hallen in Böblingen einem Herrn Janisch, der als Beauftragter der Firma A.Doyen  & Fils, Brüssel, auftrat, verkauft. Ein Einfluss des Reichschatzministeriums war, ebenso wie bei allen anderen derartigen Verkäufen auch auf diesen Verkauf  ausgeschlossen. Trotzdem die Entente nach dem Friedensvertrag verboten hatte, die Hallen ins Ausland zu verkaufen, hat es vorgenannte Firma verstanden, eine Ausfuhrbewilligung für das Abbruchmaterial nach Belgien zu erhalten. Ich habe, als ich durch Zufall hiervon Kenntnis erhielt, sofort Einspruch erhoben. Es war jedoch nur noch möglich, in Aachen 6 Wagen zu beschlagnahmen. Die Verträge mit der Böblinger Flugzeugwerft A.G. „Libelle“ sind inzwischen abgeschlossen worden. Die Verzögerungen lagen nicht auf Seiten der Firma selbst, die mit ihrer Gründung Schwierigkeiten hatte. Es ist jedoch ein Irrtum zu behaupten, dass gerade diese Firma die Hallen vor dem Abbruch bewahrt habe. Die Genehmigung wurde nicht der Firma, sondern jedesmal dem Reich auf Auftrag gegeben, denn das Reich musste als Besitzer des Platzes der Firma erst die Genehmigung zur Beibehaltung der Hallen erteilen, nicht die Entente. Im Mai dieses Jahres sind noch Verzögerungen im Vertragsabschluß dadurch entstanden, daß eine andere Industriegesellschaft zur Anlage eines Steinplatzes ein Stück Flugplatzgelände ausserhalb des „Libellegrundstücks“ erwerben wollte, jedoch die Bedingung stellte, eine Industriebahn zu dem fraglichen Gelände zu führen. Die Eisenbahn-Verwaltung hat 2 Projekte eingereicht. Das günstigste Projekt erforderte eine geringe Grenzänderung des von der „Libelle“ gewünschten Grundstücks. Erst nachdem die Eisenbahn infolge anderweitiger Lösung  des Gleisanschlusses von ihrem Projekt Abstand genommen hatte, konnte mit der „Libelle“ abgeschlossen werden. Ich füge ausdrücklich hinzu, dass der Preis, den die „Libelle“ gezahlt hat, ganz erheblich unter dem Werte des Grundstücks und seiner Anlagen liegt, und dass ich mich nur zu der Annahme dieses Angebots entschlossen habe, um den mehrfach geäußerten Wunsch der Stadt Böblingen entgegenzukommen. Ich bitte Sie, dem Gemeinderat Böblingen diese meine Ausführungen mitzuteilen. Die Schlussfolgerungen der Gemeinde sind hiernach unbegründet und müssen entschieden zurückgewiesen werden.

Das für die Infrastruktur des Landes verantworliche Arbeits- und Ernährungsministerium war sogar bereit, sich die Investitionskosten mit der Stadt zu teilen, sofern die private Wirtschaft den ihr zugedachten Betrag nicht aufbringen könne oder wolle. Letzlich trug die private Wirtschaft aber ihren Anteil an dem Investitionsvorhaben, zu dem auch der Anteil des Bankhauses Albert Schwarz gehörte. Die genaue Auflistung der Eigenkapitalgeber aus  der Wirtschaft ist leider nicht bekannt.

1921-11-09 Stadtverwaltung Stuttgart (Quelle Konsul Albert Schwarz Ettlich 2018) Besprechung über die Entwicklung des Flugverkehrs in Württemberg. Neben der finanziellen Sicherstellung des Vorhabens ging es im Wesentlichen um die Standortfrage. Aus verständlichen Gründen trug insbesondere die Stuttgarter Oberpostdirektion starke Bedenken gegen den Standort Böblingen vor.


1921-11-23 Interessannte Ausführungen im Zusammenhang mit der Tankanlage auf dem Flugplatz Böblingen (Stadtschultheissamt Böblingen an das Reichsschatzministerium) : Infolge der Friedensbedingungen musste auch die militärische Fliegerei auf dem hieigen, mit grossen Kosten geschaffenen Flugplatz eingestellt werden. die sämtlichen massiven Flughallen, ausgenommen eine einzige, welche an die Flugwerft A.G. hier, samt dem Werftgebäude verkauft und inzwischen umgebaut wurden, sind von der Entente an einen Brüsseler Schieber verkauft, abgebrochen und zu roßen Teil ins Ausland verschoben worden. Es ist aber der Flugplatz selbst noch intakt und es ist noch eine Benzintankanlage vorhanden, so dass, sobald wieder eine Halle, wenn auch primitiver Art, erstellt ist, der Flugbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Die hiesige Stadtgemeinde, welche seinerzeit bei Errichtung des Flugplatzes manche Opfer erbracht hat, hat es seither an Bemühungen nicht fehlen lassen, auf dem hiesigen Flugplatz wieder einen Flugbetrieb in’s Leben zu rufen. Seither hatten diese Versuche keinen großen Erfolg mit Rücksicht auf das Flugzeugbauverbot der Entente und sonstige Hindernisse. Jetzt scheint sich dies aber zu ändern und es ist Aussicht vorhanden, dass Frühjahr (1922 !) mit dem Flugbetrieb auf dem hiesigen Flugplatz begonnen werden kann. Eine grössere norddeutsche Luftreederei hat sich prinzipiell bereit erklärt, künftig auf dem hiesien Flugplatz zu landen. Sie denkt sich die Sache so, dass zunächst versucht werden soll, von der Entente die Zustimmung zu erhalten, dass künftige auch in Frankfurt/M mit deutschen Flugzeugen gelandet werden kann und dass denn eine Fluglinie Frankfurt/M, Böblingen/Fürth im Anschluss an eine französische Linie Paris/Strassburg/Böblingen eingericht wird.

Um zeitig mit dem Beginn des Frühjahrs den Flugbetrieb auf dem hiesigen Flugplatz wieder in Gang bringen zu können ist annlässlich einer Konferenz am 8.d.M. in Stuttgart von Vertretern der Stadtgemeinde Stuttgart und Böblingen, der Handelskammer Stuttgart und des Verbands wtb. Industriellen und anderer Flugplatzinteressenten die Gründung einer G.m.b.H. unter der Firma „Schwäbischer Luftdienst, G.m.b.H.“ verabredet worden. Diese G.m.b.H. hat den Zweck die Erdorganisation auf dem Böblinger Flugplatz zu schaffen. In dieser haben zunächst ihre Beteiligung zugesagt die Städte Stuttgart un Böblingen zus. mit 100 000 M., die Stuttgarter Handelskammer und der Verein Wtb. Industriellen mit je 100 000 M. Die endgültige Gründung dieser Gesellschaft soll Anfang Dezember (1921) erfolgen. Da nach den Angaben des Leutnants Bäder der Polizeifliegerstaffel sich die französische Gesellschaft „Franko/Romain“ bereit erklärt hat, auf dem hiesigen Flugplatz eine Wetterstation einzurichten und die auf dem Flugplatz stationierte Werkstattabteilung der Ortspolizei bereit ist, die bei der Landung und dem Start von Flugzeugen nötigen Hilfsleistungen zu übernehmen. So wären die Voraussetzungen für den Zivilluftverkehr auf dem hiesigen Flugplatz gegeben…


1921-12-01 Verlegung des Stuttgarter Flughafens. Eine Verkehrsfrage für Stuttgart. (Stuttgarter Neues Tagblatt) Vor kurzem haben wir aus Anlaß der Veröffentlichung einer Zuschrift des Herrn Paul Strähle diese Frage kurz behandelt und kamen dabei zu einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Plan einer Verlegung nach Böblingen. Nunmehr äußert sich in dieser leider viel zu wenig beachteten, für Stuttgart sehr wichtigen Frage unser Verkehrsmitarbeiter wie folgt:

Man sollte es kaum für möglich halten, dass Pläne auftauchen wie der, den Flugplatz vom Stuttgarter Wasen, d.h. von der nächsten Nähe von Groß-Stuttgart, von der Landeshauptstadt und von derem Verkehrszentren weg nach einem 20 bis 26 Kilometer entfernten Landstädtchen wie Böblingen zu verlegen. Wenn wir gegen diesen Plan Stellung nehmen, so wollen wir nur ganz kurz auf die Gründe eingehen, welche die Gegenpartei – es handelt sich um zwei Parteien, die eine vertritt die Interessen der Großstadt, die andere die Interessen von Böblingen – für ihren Plan ins Feld führt. Der dem Reichsvermögensamt gehörende, für Flugzwecke hergerichtete und deshalb besonders geeignete Flugplatz bei Böblingen soll einzig und allein den flugtechnischen Anforderungen genügen, der Flugplatz Cannstatt-Untertürkheim soll sich seines welligen Gelädes wegen nicht zum internationalen Flugplatz eignen, kein asuländischer oder deutscher Flieger soll sich wegen der damit verbundenen Gefahr auf den Wasen zu landen getrauen.

Wenn man die Frage: Böblingen oder Stuttgart unter dem Gesichtswinkel des Flugpostverkehrs betrachtet, so muß verschienes im Auge behalten, in erster Linie darf man wohl nicht daran denken, daß der Luftpostverkehr im Laufe des des letzten Jahres vom Januar bis 31. Oktober auf der Flugpostlinie Stuttgart-Konstanz sich nicht so stark und lebhaft entwickelt hat, wie viele gehofft hatten. Zur Entwicklung eines starken Flugpostverkehrs gehört in erster Lininie eine zweckmäßige Verbindung zwischen mehreren Großstädten, Städte wie Konstanz, St.Gallen, Schaffhausen wird man nicht als Städte in diesem Sinn ansprechen dürfen. Nach Zürich, das als Flugziel gedacht war, durfte der Stuttgarter Flieger nicht fliegen. Ganz anders wird sich die Sachlage aber gestalten, wenn man von Stuttgart aus nicht nach Konstanz, sondern nach Augsburg und nach Nürnberg geflogen werden soll. Diese neuen Linien sind nämlich geplant, so viel wir wissen, trägt sich der Stuttgarter Flieger mit dem Gedanken, im kommenden Frühjahr nach Nürnberg zu fliegen. Möglicherweise wird die Fluglinie Stuttgart-Augsburg durch die bayrischen Rumplerwerke bedient. Das Flugzeug nach Nürnberg müßte dann den Wasen zwischen 3/4 10 und 10 Uhr verlassen, um in Nürnberg-Fürth den Anschluß an die Fluglinie Augsburg-München-Fürth-Leipzig-Dresden und Berlin sowie Hamburg zun gewinnen. Damit würde sich die Sachlage oder, besser gesagt, die Postverkehrsfrage mit einem Schlage ändern. An die Stelle von Konstanz, St.Gallen, Romanshorn, Schaffhausen werden die Verkehrsbeziehungen zwischen Stuttgart un dem ganzen württembergischen land einerseits und Städten wie Nürnberg, Fürth, Erlangen, Bamberg, Leipzig mit Vororten, Halle (Saale), Dresden, Berlin, und Hambburg treten. Flugpostsendungen von Stuttgart un dem übrigen Land, die zwischen 9.40 abends und 8 morgens aufgegeben sind, würden unter Ausnützung der beabsichtigten Flugpostlinie Stuttgart (Cannstatter Wasen) Leipzig 12.30 nachm. Halle 3.30 nachm, Berlin, Hamburg und Dresden je 2.15 nachm. erreichen. Mit anderen Worten: Die späteste Stuttgarter Abendpostauslieferung und die mit den Nachtzügen aus allen Landesteilen in Stuttgart eintreffende Post nach Leipzig, Halle, Berlin, Dresden und Hamburg wird noch im Lauf des folgenden Mittags. bzw. am Mittag des Aufgabetags zur Bestellung elangen können. Dieser Strähleche Plan würden unserem Lande und Stuttgart die längst vermißte rasche Tagespostverbindung mit den Städten Leipzig, Halle, Dresden, Berlin und Hamburg bringen.

Daß dieser Plan zur Ausführung gelangen wird, darin dürfte bei der Anerkennung, welche die Strählesche Flugpostleitung im Reichspostministerium von Anfang an und in immer höhere Maße gefunden hat, kaum zu zweifeln sein. Bei den wirklichen Wert eine solchen Flugpostverbindung sollte dieser Plan auch von seitem der Stadt Stuttgart und der anderen Städte des Landes alle Beachtung und mehr Unterstützung als jedes andere Flugpostprojekt finden.


1922-01-21 Flugplatz Cannstatt oder Böblingen (Württ. Zeitung) Vom Polizeibureau IV (Technischer Bann) erhalten wir eine Zuschrift, die sich mit dem in einem hiesigen Blatt in der Flugplatzfrage von dem Flieger Strähle vertretenen Plan befasst, den Flugplatz auf dem Wasen oder auf die Höhe der Artelleriekaserne bei Cannstatt, nicht aber nach Böblingen zu verlegen.

In der Zuschrift heißt es: Es ist immerhin ein Fortschritt im gegenseitigen Gedankenaustausch, daß Herr Strähle den Wegfall des Wasen in absehbarer Zeit für möglich hält, wenn auch die dem Wasen sonst drohenden Gefahren, ganz abgesehen vom Kanalbau, nicht in Betracht zieht. Doch ist für diesen Fall ein Ersatzgelände auf der Höhe der Artelleriekaserne gefunden worden! Damit sind wir also wieder beim Millionenplan angelangt, der trotz aller Fortschritte der Technik in Bezug auf Verringerung der Landegeschwindigkeit auch in zehn Jahren noch einen Aufwand von 50 Millionen verursachen dürfte!

Besonders eingehend wird aber die dem Plan Böblingen anhaftende Schwäche des Zubringerdienstes behandelt und unter anderem behauptet, daß die Bahn hierzu nicht herangzogen werden könnte. Es ist jedoch gar nicht einzusehen, warum, falls das Berliner Flugzeug, z.B. 9 Uhr vormittags Böblingen verlassen sollte, die während der Nacht eingehende Flugpost nicht mit dem um 7 Uhr vormittags abgehenden Vorortzug von Stuttgart nach Böblingen verbracht werden könnte.

Es darf sogar sicher angenommen werden, daß die Postverwaltung schon die während der Nacht einlaufene Flugpost sofort bis zu dem vom Flugplatz nur drei Minuten entfernten Postamt laufen läßt. Die dann bis zum Schluß der Aufgabezeit ausgelieferte Post, könnte, falls nötig, immer noch mit dem Motorrad befördert werden. Ihre Zahl wird sicherlich so groß sein, daß auch in späteren regeren Zeiten dies nicht mehr möglich wäre.

Was die Entfernung der Großstadtzentren von Ihren Flugplätzen betrifft, so sei nur an Nürnberg-Fürth, Hamburg-Fuhlsbüttel und Leipzig-Mockau erinnert. Auch in diesen Städten, wo der Luftverkehr nach amtlichen Mitteilungen drei-bis viermal so groß denn in Stuttgart war, gelang es, die Personen- und Postbeförderung reibungslos durchzuführen.

Was zum Schluß die unzweckmäßige volkswirtschaftliche Bewertung des Böblinger Platzes anbelangt, so ist dazu zusagen: Der Böblinger Platz umfaßt in seiner Gesamteit 104,8 Hektar, hiervon sind an die Gemeinden Sindelfingen und Dagersheim 49,7 Hektar Wiesen verpachtet und weitere 5,4 Hektar als Anbaugelände freigegeben, sodaß hiermit für den Flugplatz noch 49,7 Hektar übrig bleiben, wovon jedoch mindestens die Hälfte der Fläche sich überhaupt zum Anbau nicht eignen dürfte, da bei der Herstellung des Platzes diese Teile mit Schlacken aufgefüllt wurden.

Das jetzige Flugplatzgelände ist an einen Schäfer verpachtet, der darauf über 1.000 Schafe weidet und dem Staat eine Pachtsumme von mindestens 50.000 M im Jahr entrichtet, Die volkswirtschaftliche Frage dürfte also kaum besser zu lösen sein, und es wäre nur zu wünschen, daß sich Gegner des Böblinger Planes bald über die Verhältnisse in Böblingen unterrichten.


1922-02-16 (Stockacher Tagblatt) Zur Zeit sind in Stuttgart Verhandlungen im Gange zwecksGründung einer Aktiengesellschaft für den Ausbau und die Weiterentwicklung des Flugverkehrs mit dem bisherigen Fkugplatz auf dem Stuttgart Wasen bei Stuttgart. Der Leiter des Stuttgart-Konstanzer Flugunternehmens, Ingenieur Strähle von Schorndorf soll, wie es heißt, in die zu gründende Aktiengesellschaft seinen Flugzeugpark einbringen und die Gesellschaft mit einem Aktienkapital von 5-6 Millionen Mark ausgestattet werden.


1922-02-18 Sitzung Arbeitsausschuss zur Förderung des Luftverkehrs. (Quelle Konsul Albert Schwarz Ettlich 2018) Es standen vor allem wirtschaftliche Fragestellungen im Vordergrund. Dabei wurde die Frage nach der Gewinnung der erforderlichen Mittel für die geplante Gesellschaft zur Errichtung und Unterhaltung eines brauchbaren Flugplatzes in der Nähe von Stuttgart gestellt. Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten war man geneigt, dem Böblinger Flugplatz wegen der günstigeren Lage und des geringeren Herrichtungsaufwands den Vorzug vor dem Gelände Cannstatter Wasen zu geben. Da sich kurz vorher auch die Reichswehr gegen den Standort Stuttgart entschieden hatte, fiel die Entscheidung tatsächlich zugunsten von Böblingen.

Nach der Entscheidung für den Standort Böblingen sollte schnellstmöglich eine Luftverkehrsgesellschaft gegründet werden, da bereits bekannt war , dass am 5. März 1922 das Flugzeugbauverbot aufgehoben werden sollte.

1922-03-29 Aus dem Finanzauschuss (Süddeutsche Zeitung) ….. Hierauf machte Arbeitsminister Keil Mitteilungen über die Gründung einer württembergischen Luftverkehrsgesellschaft, an der sich neben den Städten Stuttgart und Böblingen, der Handelskammer und der Industrie auch der württembergische Staat beteiligen soll. Als weiterer Beteiligter kommt der Flieger Paul Strähle in Frage, der schon letzten Sommer einen Luftverkehrsdienst zwischen Stuttgart und Konstanz eingerichtet hatte. Der Staat soll sich mit 150.000 M beteiligen. Der Gesellschaft wird die Form einer G.m.H. gegeben. Der Finanzausschuss stimmte einmütig dem Vorschlag des Ministers zu.

Am 31. März 1922 wurde die „Schwäbische Luftpostdienstgesellschaft G.m.b.H.“ mit einem Startkapital von 550.000 M gegründet.

Die Gründungsgesellschafter waren: (Quelle Konsul Albert Schwarz Ettlich 2018)

  • Staat Württemberg und Stadtgemeinde Stuttgart mit je 150.000 Mark
  • Stadtgemeinde Böblingen mit 40.000 Mark
  • Handelskammer Stuttgart mit 120.000 Mark
  • Verband württembergischer Industrieller mit 85.000 Mark
  • Paul Strähle mit 5.000 Mark

Mit Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage nach der Inflation 1922/23 wurde im Oktober 1924 in einer Zusammenkunft von Vertretern aus Land, Stadt und Wirtschaft die Notwendigkeit der Errichtung eines Flughafens bekräftigt. Das Kapital in Höhe von 600.000 RM solte zu einem Drittel vom Staat Württemberg, zu einem Drittel von der Privatwirtschaft aufgebracht werden. Das für die Infrastruktur des Landes verantwortliche Arbeits-und Ernährungsministerium war sogar bereit, sich die Investitionskosten mit der Stadt zu teilen, sofern die private Wirtschaft den ihr zugedachten Betrag nicht aufbringen könne oder wolle. Letzlich trug die Wirtschaft ihren Anteil an dem Investitonsvorhaben bei.


1924-09-09 Flugunternehmen in Württemberg“ (Brief Friedrich Krug an das Württ. Staatsministerium) Über die Gründung einer G.m.b.H, die den Anschluss Württembergs an die bestehenden Luftverkehrslinien und den Betrieb einer Fliegerschule bezweckt, haben Verhandlungen mit Mitgliedern der Württ. Landesregierung, Vertretern der Stadt Stuttgart, der Württ.Elektrizitätswerke, der Dietrich-Gobiet-Flugzeugwerke, der Junkers-Flugzeugwerke, einzelne Herren der Industrie sowie Landwirtschaft durch Herrn Oberingenieur Vogt und Herrn Hauptmann a.D. Krug stattgefunden.

Die bisher einzelnen stattgefundenen Besprechungen haben durchweg ergeben, dass ein allgemeines Interesse der vorgenannten Dtellen an der Gründung der obengenannten G.m.b.H. vorhanden ist. Feste Abmachungen konnten jedoch bisher noch nicht getroffen werden, da die Ansichten in Einzelfragen auseinandergingen, deren Klärung nur in einer gemeinsamen Verhandlung durchzuführen ist.

Um diese Durchführung des Anschlusses von Württemberg an die bereits bestehenden Luftverkehrslinien sich zu stellen und damit zu erreichen, dass einerseits Württemberg nicht hinter den anderen Staaten Deutschlands zurücksteht, und andererseit dem Luftverkehr weitere Entwicklungsmöglichkeit gegeben wird, ist eine Zusammenkunft das nächste dringliche Erfordernis.

Ich beabsichtige diese Versammlung etwa zum 20. September 1924 in Stuttgart herbeizuführen und bitte, bevor ich die dazu erforderlichen Schritte unternehme, um Zusage, dass ein Bevollmächtigter an dieser Versammlung teilnehmen wird. Um baldmöglichste Erledigung und Rückäußerung auf beigefügter Anlage wird gebeten.


1924-10-22 „Errichtung einer Luftverkehr Württemberg A.G.“ Von der Handelskammer Stuttgart geht uns folgender, für weite Kreise der Wirtschaft und des Verkehrs interessanter Bericht zu: Auf Einladung der Handelskammer Stuttgart als Vorort des Württ. Industrie- und Handelstags sowie des Verbands württ. Industrieller fand am 22. Oktober im Sitzungssaal der Handelskammer Stuttgart vor geladenen Vertretern von Industrie und Handel des Landes eine Versammlung statt, mit dem Zwecke, eine Gesellschaft zur praktischen Förderung des Flugverkehrs zu errichten, die sich im Besonderen zur Aufgabe machen soll, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen und Kapitalbeteiligungen an den bestehenden beiden großen Luftverkehrsgesellschaften (Deutscher Aero-Lloyd und Junkers-Werke) Württemberg (Stuttgart) in den innerdeutschen wie den großen internationalen Flugverkehr rechtzeitig einzubeziehen. Dieses Ziel wurde in vollem Umfang erreicht durch den einstimmigen Beschluss, die „Luftverkehr Württemberg A.G.“ unverzüglich unter Zusammenwirken von Wirtschaft, Staat und Stadt Stuttgart zu errichten. Die Beratungen fanden unter dem Vorsitz von Kommerzienrat Berge, stellv. Vorsitzenden des Württ. Industrie- und Handelstags, statt, der einleitend einen Überblick über die vorangegangenen Vorbesprechungen und Vorverhandlungen gab, die zu dem Vorschlag geführt hatten, dass Staat, Stadt Stuttgart und Industrie und Handel je zu einem Drittel das auf vorerst 600.000 Mark bemessene Aktienkapital der neuen Gesellschaft aufbringen sollten. Ministerialrat Kälin stellte die nachdrückliche Unterstützung der Bestrebungen durch das Württ. Arbeitsministerium in Aussicht. Eine bestimmte Zusage des Staates über seine finanzielle Beteiligung liege nicht vor, doch sei zu hoffen, dass, wenn alle Beteiligten eine opferfreudige und tatkräftige Unterstützung des Gesamtunternehmens gewährleisten, auch der Staat nicht zurückstehen werde. Direktor Merkel vom Deutschen Aero-Lloyd in Berlin wies eindringlich darauf hin, dass voraussichtlich im Frühjahr 1925 das besetzte Gebiet für den Flugverkehr freigegeben und alsdann als wichtigste nord-südliche Route vorgesehen sei: London-Köln-Frankfurt-Stuttgart-Zürich, im westöstlichen Verkehr käme die Linie Paris-Baden-Baden-Stuttgart-München mit dem Anschluss an den Osten: Wien usw. in Betracht. Ferner sei der Anschluss an die Linie Berlin-München-Rom ins Auge zu fassen; u. a. eine vorläufig aufgelegte Zeichnungshilfe brachte bereits eine Überzeichnung des ursprünglich für die Wirtschaft vorgesehenen Kapitals. Zeichnungen können noch vorläufig bis 3. November bei der Handelskammer Stuttgart als Vorort des Württ. Industrie- und Handelstags, der als solcher zu den Gründungszeichnern gehört, angemeldet werden. Als verkehrspolitisches Ziel der neuen Luftverkehrsgesellschaft bezeichnete Dr. Klien unter vielseitiger Unterstützung die Notwendigkeit, dafür Sorge zu tragen, dass der Flugplatz Stuttgart bei der Aufstellung der Flugpläne Schnittpunkt der nord-südlichen und west-östlichen Luftverkehrslinien in Süddeutschland bilde.


2024-10-23 Stg.Neues Tagblatt …Ein weiterer wichtiger Punkt der Tagesordnung betrifft einen Antrag der Technischen Abteilung, der auf eine Beteiligung der Stadt Stutgart an der Lutverkehrsgesellschaft Württemberg abzielt. Dies Gesellschaft ist erst in der Gründung begriffen. Mit ihr soll, soweit uns bekannt ist, eine großzügige Förderung des Luftverkehrswesens in unserem Lande in die Wege geleitet werden. Daß hierbei die Stadt Stuttgart, deren geographische Lage sie ohne weiteres dazu bestimmt, eine wichtige Rolle im künftigen Luftverkehr zu spielen, beim Ausbau dieses Unternehmens zu spielen, beim Ausbau dieses Unternehmens tatkräftig mitspielen muß, ist selbstverständlich. Wir begrüßen es deshalb, daß die Stadtgemeinde mit einer Beteiligung an dieser Gesellschaft ihre früheren Bestrebungen, Stuttgart einer seiner Bedeutung entsprechende Stellung im Luftverkehr zu sichern, wieder aufnimmt.


1924-10-25 Gründung einer württembergischen Luftverkehrkehr-Aktiengesellschaft (Quelle)


1924-10-29 Gründung einer Württ. Luftfahrtgesellschaft (Württ. Finanz-Ministerium) Ehe zu einer Mitbeteiligung des württ. Staates an der Württ. Luftverkehrs A.G. endgültig Stellung genommen werden kann, ist es von ausschlaggebender Wichtigkeit, sicherzustellen, dass dem Staat eine weitere Geldhergabe für den Luftverkehr in Form von Subventionen oder dergleichen für die Württemberg berührenden Flüge nicht zugemutet wird. Solche Beiträge zu leisten, wäre für den Staat untragbar. Mit Anforderung von Subventionen würde, nachdem wir von einem Vertreter der deutschen Aero-Lloyd gegebenen Auskünften, insbesondere für die Linie München-Stuttgart oder für die Linie Berlin-Stuttgart, wahrscheinlich zu rechnen sein. Es scheint mir deshalb zunächst noch zweifelhaft, ob unter diesen Umständen ein Anschluss an den Süddeutschen Aero-Lloyd in München, der für den Betrieb der eben genannten Linien wohl mit in Frage käme, erforderlich ist und die für diesen Anschluss vorgesehenen 150-200.000 RM aufgewendet werden sollen.

Aber auch eine Staatsbeteiligung zu 1/3 des Grundkapitals geht m.E. über die Interessen des Staates an der Gesellschaft hinaus, die Übernahme von 26 v.H. der Aktien würde eine durchaus genügende Anteilnahme des Staates an dem Unternehmen bedeuten. Soviel dem Finanzministerium bekannt ist, wird jetzt erst mit Nachdruck in den Kreisen von Handel und Industrie für die Übernahme von Aktien geworben, sodass eine stärkere Beteiligung von dieser Seite noch recht wohl in Aussicht genommen werden dürfte. Auch in der Schwäbischen Luftdienst G.m.b.H. waren Handel und Industrie finanziell erheblich stärker vertreten als der Staat.

Die Schaffung des Flughafens sollte auch in Stuttgart, wie dies anderwärts offenbar durchweg der Fall war, Sache der Stadt sein und der Gesellschaft nicht zur Last fallen. Die Interessen überwiegen überhaupt die des übrigen Landes ganz bedeutend, sodass schon aus diesem Grunde der Stadt eine stärkere Leistung zugemutet werden muss.

Ich bitte einer Stellungnahme des Arbeits-und Ernährungsministeriums zu diesen Punkten entgegensehen zu dürfen und bemerke, dass die Einstellung der Staatsbeteiligung im Ausserordentlichen Dienst des Staatshaushaltplans richtiger erscheinen würde, als in dem Sonderplan des Arbeits-und Ernährungsministeriums, das hierfür eigene Mittel wohl nicht zur Verfügung stellen können. gez. Dr.Delinger


1924-10-29 Teilnahme des Staats an einer Luftverkehrsgesellschaft (Staatsministerium Sitzung Protokoll) Herr Ministerialrat Kälin trägt den Sachverhalt im Anschluß an Staatsmin.Nr.5428 eingehend vor. Nach längerer Erörterung wird beschlossen: Das Arbeitsministerium zu einer Beteiligung bis zu 175.000 M zu ermächtigen, es soll angestrebt werden, da die Industrie und die Stadt Stuttgart noch einen größeren Betrag als bsher vorgehen zeichnen, so dass die Beteiligung des Staates mit einer weniger großen Summe möglich wäre. Das Arbeitsministerium soll die Angelegenheit kurzer Hand im Finanzausschuß vortragen und die erforderliche Summe in Kapitel 31 Titel 12 a kurzer Hand aufnehmen lassen.


1924-11-08 (Württembergische Zeitung)


1924-11-09 Schwäbische Chronik Im Hinblick auf die Diskussionen über die Einbeziehung Württembergs in den internationalen Lufterkehr veranstaltete Aero-Lloyd Werbeflüge mit den in Frage kommenden DornierFlugzeugen

Im Dornier-Flugzeug. Aus Anlaß der Einbeziehung Württembergs in den europäischen Luftverkehr und der Gründung einer Luftverkehr A.G. veranstaltete die „Aeo-Lloyd AG Berlin“ dieser Tage vom Flugplatz Böblingen aus in einem Dornier-Passagierflugzeug zahlreiche Rundflüge, an denen auch Staatspräsident Bazille und die übrigen Minister, Landtagsabgeordnete sowie zahlreiche Vertreter staatlicher Behörden, der Stadt Stuttgart und der Presse teilnahmen. Die Rundflüge sind glatt und zur vollen Zufriedenheit verlaufen.


1924-11-12 Gemeinderatsprotokoll Böblingen (Auszug)    Nach Presseberichten schweben in Stuttgart Verhandlungen über die Einbeziehung Stuttgarts in den Flugverkehr. Dabei ist noch unentschieden, wo der Flughafen errichtet werden soll, ob auf dem Cannstatter Wasen, der nach Urteil Sachverständiger ganz ungeeignet ist, oder auf der Höhe der Filder, wo durch Ankauf landwirtschaftlich wertvollen Geländes und durch kostspielige Anlagen ein Flugplatz erst angelegt werden müßte, oder durch Ingebrauchnahme des modernen und in jeder Beziehung durchaus einwandfreien Flugplatzes in Böblingen. Der Gemeinderat sieht sich veranlaßt, den für die Entscheidung über den Flughafen maßgebenden Stellen seine Stellungnahme und Auffassung in folgendem darzulegen:

Nachdem der Cannstatter Wasen wegen seiner ganz ungünstigen geografischen Lage und wegen des am Neckar sehr oft auftretenden Nebels nicht in Betracht kommen kann, wird es nötig, in der Umgebung Stuttgarts und zwar auf der Höhe den Flughafen zu errichten. Würde hierfür die Filderebene bestimmt, so müßte dort eine grosse und landwirtschaftlich hochwertige Fläche erworben und diese mit ganz bedeutenden Aufwendungen zu einem modernen Flugplatz ausgestaltet werden. Diese, einige Millionen verursachenden Aufwendungen würden in der Hauptsache wegfallen, wenn der nahe dabei liegende, dem Reichsfiskus gehörende früherer Militär-Flugplatz in Böblingen als Flughafen bestimmt würde. Der hiesige Flugplatz, der nach den Weisungen des Reichsfinanzministeriums an das Landesfinanzamt unter allen Umständen  für seinen ursprünglichen Zweck erhalten werden muß und der nach den angestellten Erkundigungen von den Reichsbehörden gerne für den Flugverkehr zur Verfügung gestellt wird, entspricht nach seinen ausmaßen und seiner Anlage allen Ansprüchen, er ist, was besonders hervorzuheben ist, stets nebelfrei. Eine vollständig ausgebaute Tankanlage ist bereits vorhanden. Die in den früheren Militärbaracken auf dem Flugplatz untergebrachte Schutzpolizei, beider noch ein Stamm früherer Militärflieger vorhanden ist, ist in der Lage Hilfe zu leisten und die evt. erforderlichen Wachen zu stellen. Die in einem Gebäude des früheren Fliegerlagers untergebrachte „Kade“ ist in der Lage, kleinere Reparaturen auszuführen; für größere Reparaturen können die im benachbarten Sindelfingen angesiedelten und an den Flugplatz angrenzenden Daimler Werke herangezogen werden.

Als Nachteil des Böblinger Flugplatzes wird von gewissen Stellen in Stuttgart die weite Entfernung von Stuttgart geltend gemacht. Dieses Hindernis scheint nach der Ansicht des Gemeinderats bei einigem guten Willen leicht zu überwinden. Ganz abgesehen davon, dass die Flugplätze anderer Grossstädte gleiche Entfernungen von Stuttgart auf einen Flugplatz auf den Fildern für den Kraftwagenverkehr kaum um 15 Minuten kürzer als die von Stuttgart nach Böblingen. Da die Zubringung in der Hauptsache durch Kraftwagen erfolgen wird und in der Regel die Kosten hierfür in denen der Fahrt enthalten sind, erscheint die längere Fahrtdauer bedeutungslos. Da Böblingen von Stuttgart aus gerne besucht wird auch der Besuch des Flughafens bei Schauflügen keinesfalls notleiden, wenn die Eisenbahnverwaltung durch Einlegung von Extrazügen oder Triebwagen die nötige Verkehrsmöglichkeit schaftt, oder wenn andere Verkehrsmittel  bereit gestellt werden.  Der Gemeinderat beschließt einstimmig:

  • An das Württ.Staatsministerium mit der vorstehenden Begründung die ergebenste Bitte zu richten, seinen Einfluss bei Bestimmung des Flughafens zugunsten des Flugplatzes in Böblingen einzusetzen.
  • Für den Fall, dass Böblingen endgültiger Flughafen für den süddeutschen Verkehr wird, einen Betrag von 40.000 M zur Erstellung einer Flugzeughalle zur Verfügung zu stellen.

1924-11-13 Flugplatz in Böblingen (Oberamt Böblingen (Quelle) Nach einer Pressemitteilung hat die neugegründte Luftverkehr A:G. Verhandlungen über den Erwerb eines „höher gelegenen Platzes“ eingeleitet, da der Cannstatter Wasen als Flugplatz nicht in Betracht komme. Es soll dafür vor allem das Schmidener Feld oder die Gegend bei Möhringen ausersehen sein. Da Zugleich von großen Gelädeankäufen durch die Stadt Stuttgart bei Möhringen gesprochen wird (3 M für den qm), so liegt die Vermutung nahe, daß Stuttgart beabsichtigt, hier ein Gelände für einen neu anzulegenden Flugplatz der Gesellschaft anzubieten. Dazu kommt, daß die Stuttgarter Stadtverwaltung bisher immer den Standpunkt vertreten hat, daß der Böblinger Flugplatz zu weit von Stuttgart (Bahn 26 km, Staatsstraße 19 km, Luftlinie 16 km), um als Landeplatz für Stuttgart dienen zu können.

Angesichts des Umstandes, daß nach dem Urteil von Sachverständigen die Neuanlegung eines gebrauchsfertigen Flugplatzes ungefähr 2 Millionen kostet und daß das Land Württemberg durch Übernahme eines Teils des Kapitalbedarfs an der neuen Gesellschaft beteiligt ist, erlaube ich mir, im Einvernehmen mit dem Gemeinderat Böblingen an das Staatsministerium die dringende Bitte zu richten, den Einfluß des Staats bei der Entscheidung über die Wahl des Flugplatzes jedenfalls in der Richtung einzusetzen, dass vorher durch Sachverständige gründlich geprüft wird, ob nicht der Böblinger Flugplatz doch als Landeplatz für die Luftverkehrs A.G.  benützt werden kann. Dabei gestatte ich mir auf Folgendes hinzuweisen:

  1. Nach einer fermündlichen Mitteilung der Liegenschaftsgruppe des Landesfinanzamts ist dasselbe bereit, den im Eigentum des Reichs befindlichen Flugplatz der Fluggesellschaft zur Verfügung zu stellen.
  2. Das Gelände des jetzt noch 110 ha großen Platzes bestand früher meist aus guten Wiesen, die von den Böblingen und Sindelfinger Landwirten schmerzlich vermißt werden, zumal da ihnen seinerzeit nur durchschnittlich 30 Pf für den qm bezahlt worden ist. Der Platz ist jetzt entwässert und deshalb zum großen Teil (50 ha) nur noch als Schafweide benützbar. 55 ha sind als Acker und Wiesen verpachtet. Der Platz (430 m über dem Meer) entspricht nach dem Urteil der Sachverständigen (z. B. auch des Führers des Aaro-Lloyd Frh. v. Massenbach) den an einen Flugplatz zu stellenden Anforderungen. Er ist insbesondere nebelfrei und hat gleichmäßige Winde, Größte Länge 1400 m, größte Breite 900 m.
  3. Es sind eine große Zahl von Einrichtungen geschafffen, die bei einem neuen Platz mit großen Kosten erst beschafft werden müßten (z.B. Gleisanschluß, Rampen, Benzintank – 1800 Ltr. fassend-) Anflug- und Sanitätsstraßen). Die 2 großen Seen südlich der Stadt können als leicht sichtbare Ansteuerungspunkte dienen. Der während des Kriegs erbaute und von der Stadt seither unterhaltene Fliegerturm auf der Waldburg läßt sich gut als Signalturm, insbesondere auch bei Nacht verwenden. Die Stadt ist nach der Anlage bereits, eine Flugzeughalle zu erstellen, außer sind noch einige Gebäude auf dem Platz vorhanden, die für Zwecke des Flugbetriebs benützt werden könnten.
  4. Auf dem Platz ist jetzt noch die Flugpolizei für Württemberg stationiert. Es befindet sich dort auch eine Reparaturwerkstätte (Kade-Werke), bei der 30-40 Monteure, z.T. fühere Flieger, beschäftigt sind, die erforderlichen Reparaturen ausführen könnte. An dem Reichsflugplatz schließt sich der etwa 30 ha große Daimlerflugplatz an, den die Daimlerwerke in Sindelfingen wieder benützen werden, da sie in nächster Zeit an die umfangreiche Herstellung eines seit Jahren ausprobier ten Typs von Leichtflugzeugen gehen werden. Auch diese Nachbarschaft würde den Flugbetrieb zum Vorteil gereichen. In den früheren Fliegerkasernen auf dem Flugplatz ist die Schulabteilung der Schutzpolizei untergebracht. Die Mannschaft würde als Hilfs- und Absperrmannschaft  benützt werden können, sodaß wenn z.B. der Inhaber der Schutzpolizeikantine, ein früherer Flieger und Fluglehrer, die Geschäfte der Flugleitung übernehmen würde, weitere Personalkosten nicht entstünden. Leihwagen stehen hier schon mehrere zur Verfügung.
  5. Die Insassen der Flugzeuge werden wohl alle von und zum Flugplatz einen Kraftwagen benützen. Sie werden sich durch die Entfernung von 19 km, die ein Kraftwagen in 35 Minuten auf der guten Staatsstraße zurücklegt, nicht abschrecken lassen, die Fluglinie zu benützen, zumal in fast allen größeren Städten der Flugplatz gerade so weit, wenn nicht noch weiter vom Stadtmittelpunkt entfernt ist und der Gebrauch bei den Luftverkehrslinien sich längst eingebürgert hat, daß der preis für die Kraftwagenfahrt von und zum Flugplatz im allgemeinen Preis inbegriffen ist.
  6. Wenn die Luftverkehrsgesllschaft beabsichtigt, für das große Publikum Schauflüge und dergleichen einzurichten, so läßt sich eine solche Veranstaltung ebensoleicht wie auf jedem anderen Platze einrichten, zumal da er unmittelbar neben der Bahnstation gelegen ist. Der Preis einer Fahrt nach Stuttgart Westbahnhof beträgt an Sonntagen 40 Pf, an Werktagen 60 Pf. Der Bezirk strebt schon lange die Einrichtung einer besseren Vorortsverbindung mit Stuttgart an; außerdem stehen die beiden Stadtgemeinden seit längerer Zeit mit Stuttgart über die Weiterführung der elektrischen Straßenbahnen über Vaihingen-Sindelfingen nach Böblingen in Unterhandlung. Diese Projekte würden durch die Wiederaufnahme eines Flugbetriebs in Böblingen wesentlich gefördert.
  7. Da der bisherige Reichsflugplatz seiner Bestimmung nach dem willen des Reichs  erhalten werden muß, könnte wes in weiten Kreisen des Volkes, insbesondere in denen der Landwirtschaft, nicht verstanden werden, wenn weiterer fruchtbarer Boden der Bebauung entzogen würde, während in geringer Entfernung davon ein großes Gelände brach liegt. Eine Abschrift des vorstehenden Berichts ist dem Arbeits- und dem Finanzministerium zugestellt worden. Oberamtmann Rüdiger

1924-11-14 Stuttgarter Neues Tagblatt


Luwag 1926-4

Südwestdeutsche Handels- und Wirtschaftszeitung vom 18.11.1924: Die Luftverkehr A.G. ist am 15. November 1924 mit einem Stammkapital von 700.000 Mk. gegründet worden. An der Aufbringung des Kapitals hat sich namentlich auch die württembergische Wirtschaft unter Führung des Württ. Industrie- und Handelstags beteiligt. Aus der von dieser aufgebrachten Gesamtsumme von rund 270.000 Mk. wurden für den Zweck der Gründung als Sondergründer herausgenommen: die Dornier-Metallbauten G.m.b.H. (Zeppelin-Konzern), Friedrichshafen (50.000 Mk), die Daimler-Motoren-Gesellschaft Stuttgart-Untertürkheim (30.000 Mk) als Vertreter der unmittelbar beteiligten Flugzeug- und Motorenindustrie und als Vertreter der Banken das Bankhaus Albert Schwarz, Stuttgart (30.000 Mk). Die übrigen Zeichnungen entfallen auf die verschiedensten Zweige von Industrie und Großhandel; weitaus den Hauptteil hiervon brachte der Handelskammerbezirk Stuttgart ein. An nächster Stelle steht der Handelskammerbezirk Reutlingen. Die weiteren Beteiligungen entfallen auf die Handelskammerbezirke Rottweil, Ulm usw. Hauptträger des Unternehmens sind ferner der württ. Staat und die Stadt Stuttgart sowie die Deutsche Aero-Lloyd A.G. Berlin. Die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats sind: Ministerialrat Kälin und Regierungsrat Bäuerle vom württ. Staat, Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager und Rechtsrat Dr. Elsas von der Stadtverwaltung Stuttgart, Kommerzienrat Colsmann, Dornier-Metallbauten G.m.b.H., Friedrichshafen, Kommerzienrat Berge, Daimler-Motoren-Gesellschaft, Untertürkheim, Kommerzienrat Schwarz vom Bankhaus Albert Schwarz, Stuttgart, Direktor Otto Jul. Merkel vom Deutschen Aero-Lloyd, Berlin. Vorstand bis auf Weiteres Lothar Zobel, Stuttgart. Sitz der Gesellschaft: Stuttgart Alter Schlossplatz 4 (Prinzenbau).


1924-12-08 Stuttgarter Neues Tagbeblatt (Quelle) Im wesentlichen werden in dem Artikel die Argumente des Oberamts Böblingen in ihrem Schreiben vom 13. November 1924 aufgeführt.


1924-12-08 Die Stadtgemeinde Böblingen hat sich bereit erklärt, für den Fall, daß des Böblingen Flugplatz endgültig für den württ. Luftverkehr in Betrieb genommen wird, 40.000 Mark für die Erstelllung einer Flugzeughalle zur Verfügung zu stellen. Der Luftverkehr soll in Württemberg bis 1. März 1925 eröffnet werden.


1924-12-19 Flugplatz-und Exerzierplatzfrage (Staatsministerium Stuttgart Protokoll Auszug) Herr General Reinhardt: Die Reichswehr könne den Exerzierplatz Cannstatt an sich verkaufen, da sie einen ebenen Paradeplatz nicht mehr brauche, dies könne aber erst geschehen, wenn ein geeigneter Ersatzplan zur Verfügung gestellt sei, solange könne ei Reichswehr ihn unmöglich als Flugplatz zur Verfüung stellen. Der Platz in Böblingen wäre flugtechnisch günstig, aber wohl zu weit weg von Stuttgart, zweckmäßig wäre wohl die Anlage eines Flugplatzes auf dem Schmidener-oder Waiblinger Feld. Minister Dr.Dehlinger weist darauf hin, daß an der Frage in erster Linie die Stadt Stuttgart beteiligt sei. Regierungsrat Möhler berichtet über den Stand der Angelegenheit, die Lösung befinde sich noch in ihren ersten Anfängen, es werde zunächst noch das endgültige Gutachten der Sachverständigen, der sich bisher nur vorläufig und unverbindlich geäßert haben, abgewartet müssen. Ein Beschluss wird nicht gefaßt.


1925-01-10 Schwäbische Kronik „Im Komet-Metallflugzeug“ Nachdem schon im November 1924 die Aero-Lloyd zu Rundflügen mit Dornier-Flugzeugen eingeladen hatten, fanden auf Einladung der „Württ.Luftverkehr A.G.) am 8.Januar 1925 weitere Rundflüge statt.


1925-01-17 Schwäbische Kronik „Flughafenfrage“

1925-01-30 Pressemitteilung Der württembergische Landtag hat für den Luftverkehr 200.000 M bewilligt, wobei die Stadt Stuttgart den Flughafen zu errichten hat.

1925-02-09 Luwag entscheidet sich für Böblingen (Auszug aus „LUWAG Stuttgart 25 Jahre 1924-1949) Der Luftverkehr bedarf nicht nur zuverlässiger Piloten und gut konstruierter Flugzeuge, sondern ebenso einer Bodensicherung, die allen Anforderungen gerecht wird. In erster Linie gehören dazu die Flughäfen mit den Lande-und Startanlagen samt allen dazugehörigen Einrichtungen. Über die zu stellenden Anforderungen an einen Stuttgarter Verkehrsflughafen gingen die Ansichten der Fachleute 1924 noch sehr weit auseinander. Die „Alten Adler“ hielten den Stuttgarter Cannstatter Wasen inmitten der Stadt für das geeignetste Gelände, von dem auch Paul Strähle seine Postflüge gemacht hatte. Für den endgültigen Stuttgarter Verkehsrsflughafen wurde von seiten der Luftfahrtgesellschaften das Fildergelände zwischen Degerloch und Möhringen für geeignet gehalten. Da aber der etwa 20 km westlich der Stadt gelegene, während des Krieges angelegte Militärflugplatz zwischen Böblingen und Sindelfingen sofort verfügbar war, beschloß der Aufsichtsrat am 9. Februar 1925, die verhältnismäßig große Entfernung von der Stadt in Kauf zu nehmen, auf dem Cannstatter Wasen kein Provisorium zu schaffen und den Böblinger Flugplatz vorläufig als Verkehrsflughafen einzurichten.

1925-03-13 Der Enztäler: Wie die Süddeutsche.Ztg hört, kommt der

1925-03-19 „Die Flugplatzfrage vor der Entscheidung“ (Stg. Neues Tageblatt) Um es gleich vorwegzunehmen: Die alte Streitfrage, ob der Stuttgarter Fluglandeplatz auf dem Cannstatter Wasen oder auf das Böblinger Fluggelände kommen soll, ist noch nicht entschieden. Insofern sindalle in der Stuttgarter Presse bisher veröffentlichten Meldungen unrichtig. Auch die neueste Mitteilung, nach der die zwischen der Stadtgemeinde Böblingen und dem Landesfinanzamt wegen Überlassung des Flugplatzes Böblingen an die Stadtgemeinde geführten Verhandlungen zu einem Abschluß gelangt seien, können an dieser Tatsache nicht ändern. Wohl wird die Stadtgemeinde Böblingen, wie es scheint, ihren Plan, den dortigen Platz als Landungshafen einzurichten, zur Ausführung bringen. Das ergibt sich auch aus der weiteren Mitteilung, nach welcher der Gemeinderat in Böblingen ein von ihm vorgelegtes Projet über die Erstellung einer großen Flugzeughalle bereits genehmigt hat. Die Verwendungsmöglichkeit für eine solche Flugzeughalle wird übrigens schon durch die Tätigkeit der vor kurzem neu gegründeten Süddeutschen Sportflug G.m.b.H. gegeben sein. Für diese kam von vornherein nur Böblingen als Übungsgelände in Frage. Immerhin ist es nicht ohne Bedeutung, daß Böblingen nunmehr auf eigene Faust und Rücksicht auf die Entscheidung in der Flugplatzfrage vorgeht. Selbstverständlich wird die Gemeinde den Bau der Flugzeughalle so gestalten daß diese auch mit der württembergischen Luftverkehrs A.G. zusammenhängenen Luftverkehr gegebenfalls wird aufnehmen können.

Die Entscheidung der Flugplatzfrage selber scheint bei der Reichsmilitärbehörde zu liegen, und diese wird, gedrängt durch die hiesigen Stellen, die mit Recht nun endlich eine Klärung verlangen, ihre Auffassung in Bälde mitteilen. Wenn von den Stellen in Stuttgart, vor allem von der Stadtverwaltung, gerade in diesem letzten Stadium der Verhandlungen nachdrücklich für die Wahl des Cannstatter Wasens eingetreten wurde, so kann man das leicht verstehen und kann es auch im Interesse der Sache selbst billigen. Abgesehen davon, dass die Stadt Stuttgart an einen unmittelbar bei der Stadt liegenden Flughafen ein ganz anderes Interesse haben muss als an einem Gelände, das, durch mehrere Markungen getrennt, erst nach halbstündiger Automobilfahrt zu erreichen ist, hat ein Flugplatz auf dem Cannstatter Wasen, eben weil er beinahe in der Stadt liegt, viel günstigere Aussichten, vom Luftverkehrspublikum genutzt zu werden. Diesem Publikum kann man es bei einem neuen Verkehrsmittel, wie das Flugzeug es ist, nicht bequem genug machen. Das gilt vor allem für die Kurzflüge, die etwa nach München, Nürnberg, Karlsruhe, aber auch Frankfurt und Berlin reichen. Ob allerdings ein Flugplatz bei Cannstatt dem Verkehr, wie er sich vielleicht in einigen Jahren entwickelt haben wird, und auch den entsprechend größeren Flugzeugtypen Genüge leisten könnte, ist eine andere Frage. Dann aber, wird man sagen können, hat sich der Luftverkehr immerhin so eingelebt, dass vom Publikum auch die vorherige Fahrt nach Böblingen in Kauf genommen werden würde.

Über die Eignung eines Flughafens auf dem Cannstatter Wasen nach seiner flugtechnischen Seite hin müssen sich selbstverständlich die Fachleute und einzig und allein die Fachleute schlüssig werden. Der Laie – und wir alle, die wir nicht Praktiker sind, sind in diesem Fall Laien – hat sich in dieser Frage unbedingt dem Urteil der Sachverständigen zu unterwerfen. Die Sachverständigen nun, oder wenigstens mehrere von ihnen, sollen sich, wie wir hörten, für die Wahl des Cannstatter Wasens ausgesprochen haben. Mit welchen Gründen, das wird man wohl erfahren, wenn die grunsätzliche Entscheidung gefallen sein wird.


1925-03-20 Die Flughafenfrage (Süddeutsche Zeitung) Doch der Cannstatter Wasen? In den letzten Wochen hat die Frage, ob der württembergische Flughafen nach Böblingen oder auf dem Cannstatter Wasen kommen soll, die Gemüter beschäftigt. Ohne Zweifel hat das Gelände bei Böblingen ein gewaltiges Plus hinsichtlich seiner flugtechnischen Eignung, aber die verhältnismäßig große Entfernung von Stuttgart auf für Kraftfahrzeuge fällt doch erschwerend in die Wagschale. Berlin z.B. hat seinen Flugplatz, um ihn näher beim Zentrum der Stadt zu haben, von Staaken, das vom Hotel Adlon in 25 Minuten zu erreichen ist, auf das Tempelhofer Feld verlegt.

Da unsere Bahnverbindung mit Böblingen bisher auf einen Vorortverkehr nicht eingestellt ist, und ein Auto immer auch 25 Minuten braucht, während im Flugzeug Frankfurt in einer Stunde und Zürich in 1 1/4 Stunede erreicht wird, ist es von verkehrstechnischer Seite zu begrüßen, daß die Verhandlungen wegen der Verwendung des Cannstatter Wasens als Flughafen für Stuttgart erneut aufgenommen wurden. Durch einige Abholzung kann der Wasen doch eine Breite von 800 Meter bekommen. Damit fallen die flugtechnischen Bedenken gegen eine Verwendung des Wasens weg. Freilich sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen, immerhin erscheinen sie nun doch sehr aussichtsreich. Der Wasen ist in wenigen Minuten im Auto zu erreichen, außerdem durch die Straßenbahn und Eisenbahn.

Da der Luftverkehr, in dem Stuttgart Knotenpunkt ist, am 20. April eröffnet wird und der Wasen, wenn die Verhandlungen zum guten Ende führen, bis dahin nicht instand gesetzt werden kann, wird der Flughafen unter allen Umständen vorübergehend, etwa ein bis zwei Monate in Böblingen sein. Außerdem wird in Böblingen, wie wir schon berichteten, von der Süddeutschen Sportflug G.m.b.H. eine Fluggzeugführerschule errichtet mit einer größeren Halle, sodaß wir im Sommer auf rege Flugtätigket rechnen können.


1925-03-23 „Die Überlassung des Cannstatter Wasens für den Luftverkehr 1925“ Der Württ. Gesandte in Berlin Bosler berichtet dem Württ. Staatspräsidenten Bazille: In dieser Angelegenheit hat sich durch eine im Reichswehrministerium in der letzten Woche stattgehabte Rückfrage das Resultat ergeben: Das Reichswehrministerium sei immer davon ausgegangen, die Voraussetzung für die Überlassung des Cannstatter Wasen als Flugplatz müsse sein, dass die Mittel zur Beschaffung des Burgholzhofgeländes aus dem Erlös des Cannstatter Wasens dem Ministerium zur Verfügung stehen. So lange in letzterer Richtung nichts feststehe, auf was das Ministerium sich verlassen könne, könne aus Gründen der Ausbildung die Genehmigung zum Flugbetrieb seitens des Reichswehrministeriums nicht wohl erteilt werden. Im Hinblick auf die erheblichen Interessen, die bei einer weiteren Verzögerung der Angelegenheit gerade für Böblingen und für Württemberg in Frage stehen, bemerkte der zuständige Referent des Ministeriums, dass es sich vielleicht empfehlen könnte, beschleunigt seinen Antrag dahingehend einzureichen, dass wenigstens an der Nordseite des Wasens auf eine Breite von ca. 400 m die dort stehenden Obst- und Kastanienbäume entfernt werden dürfen. Ein solcher Antrag würde alsbald einer wohlwollenden Prüfung unter Berücksichtigung der besonderen württembergischen Interessen in dieser Angelegenheit unterzogen werden.

Die Verhandlungen über den Ankauf des Cannstatter Wasens seitens der Stadtgemeinde Stuttgart haben sich übrigens nach Kenntnis des Reichswehrministeriums noch nicht zerschlagen, sie seien im Gegenteil im Fortschreiten begriffen. Es komme nur darauf an, dass die Stuttgart ihre Bereitwilligkeit zum Ankauf des Burgholzgeländes für das Ministerium erforderliche sei, sofort bereit stelle. Sobald diese Voraussetzungen erfüllt seien, würde seitens des Reichswehrministeriums einer Freigabe des Cannstätter Wasens für den Flugbetrieb nichts im Wege stehen. Die noch erforderlichen weiteren Verhandlungen, Zahlungsmodus, Höhe des Gesamtkaufpreises für das Geände des Cannstatter Wasens usw. könnten evt. auch noch für später zurückgestellt werden. In diesem Sinne aber würde es gelten, auch staatlicherseits auf die Stadt Stuttgart Einfluss auszuüben und sie dahin zu bringen, dass die Kaufverhandlungen wegen des Canstatter Wasens von ihr aus so gut als möglich gefördert würden.


Die Luwag begann sofort mit Belagsarbeiten auf dem Flugplatz Böblingen:

Plötzlich ging alles sehr schnell: Am 20. April 1925 wurde der amtliche Luftverkehr in Württemberg mit dem ersten Linienflug vom Landesflughafen Stuttgart-Böblingen eröffnet. (Bemerkung: In Stuttgart gab immer wieder Diskussionen über den Standort Böblingen, man konnte sich nicht so leicht damit abfinden, daß der Flugplatz nicht nach Stuttgart kommen sollte.)

Rückblicke auf die damalige Entwicklung

50 Jahre Flughafen Württemberg AG

Am 15. November 1924 wurde die „Luftverkehr Württemberg AG“ in Stuttgart gegründet, mit der Aufgabe, die Luftverkehrsbelange des Landes Württemberg und seiner Hauptstadt Stuttgart wahrzunehmen. Entgegen ursprünglichen Absichten betrieb die Gesellschaft nie selbst Luftverkehrslinien, weshalb im Jahr 1936 ihr Name „Flughafen Württemberg AG“ geändert wurde (seit 1949 GmbH). Unverändert blieb in der ganzen Zeit die Aufgabe der Gesellschaft: die Anlegung, der Ausbau und der Betrieb des Flughafens.

Der während des 1. Weltkriegs angelegte Militärflugplatz in Böblingen wurde zunächst als Verkehrsflughafen eingerichtet. Am 20. April 1925 landete von Zürich kommend die Dornier-Merkur D-552 als erstes planmäßiges Verkehrsflugzeug in Böblingen. Dieses einmotorige Hochdecker-Flugzeug konnte sechs Passagiere befördern; es hatte zwei Piloten. Schon im ersten Betriebsjahr hatte der Flughafen Stuttgart-Böblingen planmäßige Verbindungen mit Berlin über Leipzig, mit München, Zürich, Basel, Baden-Baden, Karlsruhe, Mannheim und Frankfurt mit zahlreichen Anschlüssen nach dem In- und Ausland. Von 1930 wurde die Linie 22 der Lufthansa Stuttgart – Genf – Marseille – Barcelona mit dreimotorigen Junkers-Flugzeugen beflogen.

Anfang 1934 wurde der planmäßige Luftpostdienst Deutschland – Südamerika aufgenommen. Der Flughafen Böblingen konnte den gesteigerten Anforderungen an einen Verkehrsflughafen nicht mehr entsprechen. Als Standort für einen neuen Stuttgarter Verkehrsflughafen wurde das Gelände auf den Fildern zwischen Echterdingen, Bernhausen und Plieningen vorgesehen. Mit den Bauarbeiten konnte im Frühjahr 1937 begonnen werden. Im September 1939 sollte die Inbetriebnahme des Flughafens für den Luftverkehr stattfinden. Mit Beginn des Zweiten Weltkieges wurde der zivile Luftverkehr zunächst ganz eingestellt. Der erste Luftangriff auf den Flughafen erfolgte in der Nacht vom 22. auf den 23. November 1942; ihm folgten weitere Angriffe, so daß der zivile Luftverkehr wegen der schweren Zerstörungen im Oktober 1944 endgültig eingestellt werden mußte.

Nach Kriegsende wurden die Flughafenanlagen wieder auf- und ausgebaut. Der planmäßige Luftverkehr begann wieder am 3. Oktober 1948 mit der dreimal wöchentlich beflogenen Strecke London – Stuttgart – Wien, die von der PAA betrieben wurde. Der weitere Ausbau des Flughafens zum Kontinentalflughafen (u. U. zum Interkontinental-Großflughafen) ist vorgesehen.

Quellen: Amtsblatt der Stadt Stuttgart vom 14.11.1924, u.a. Fachzeitschriften, verschiedene „Stuttgart“-Werke.


Der damalige Bürgermeister Georg Kraut schreibt in seinen Erinnerungen. (Kraut 1949-04 StA_BB_A11)

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