Soldatenrat

… leitete die Auflösung des Militärflugplatzes ein

Nachdem am 05. Oktober 1918 Deutschland der „Entente“ vergeblich einen Waffenstillstand anbot und am 21. Oktober in Wien die Revolution ausgebrochen war, begann auch in Deutschland am 03. November 1918 die Umwälzung. Am 09. November um 9:00 Uhr rebellierten die Soldaten der Fea 10, legten geschlossen die Arbeit nieder und verlangten die sofortige Entlassung des ungeliebten Leutnants Zahn. Sie verlangten vom Garnisonskommandeur von Beroldingen, unter anderen die Freilassung der Arretierten, bessere Kost, Lohnerhöhung und die Aufhebung des Offizierskasinos.

Schon lange gährte es bei der Württ. Flieger-Ersatzabteilung 10 in Böblingen. Dort herrschte der gemeinste Militarismus, den eine Regierung von Gottesgnaden jemals hervorbringen konnte. Nicht genug, dass man unter der Knute des Werftoffiziers als eine Art Sträfling arbeiten musste, sondern auch außer Dienst war man großer Schikane ausgesetzt. So war es verboten zum ersehnten Sonntagsurlaub die Bahn zu benützen, eigene Schuhe usw. tragen. Wer sich gegen ein Verbot verstieß, konnte darauf gefasst sein, zur Infanterie zurückversetzt zu werden. Alles sehnte sich, aus diesem Joch befreit zu werden.

Am 11. November war der Weltkrieg zu Ende, der Kaiser und der württ. König Wilhelm II. Entsagten dem Thron. Arbeiter und Soldatenräte übernahmen die Macht auch auf dem Flugplatz Böblingen. Am selben Tag fand die Wahl des Soldatenrates der Fea 10 statt. Es wurden bei einer Mannschaftsstärke von zirka 4.000 Mann 14 Delegierte gewählt. Zielsetzung aller Räte wurden in einem vorläufigen Programm definiert:

Am 12. November trat der neu gewählte S.R. zusammen. Kamerad Kuhn wurde zum Vorsitzenden bestimmt. In Anbetracht der schlechten Verhältnisse zwischen Offiziere und Mannschaften sowie der vielen noch zu erledigenden Arbeiten, die durch das Eintreffen der Feldformationen hervorgerufen wurden, sah sich der S.R. genötigt, die Dienststellen größtenteils durch Delegierte zu besetzen. So wurde übertragen:

Soldatenrat November 1918
Soldatenrat 1918

So war es nun mehr möglich, die Millionenwerte gut unterzubringen. Es kamen vom Felde zirka 400 Flugzeuge zurück. 21 Fliegerformationen machten demobil. Der Soldatenrat hatte von Anfang die Idee, die Werft der Fea 10 in einen Zivilbetrieb zu verwandeln und dadurch vielen Kameraden die Möglichkeit zu beschaffen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Endlich, nach vieler Mühe war es gelungen, im März 1919 einen Zivilbetrieb zu eröffnen, wobei über 300 Personen Unterkunft hatten. Es wurden vor allem Notstandsarbeiten verrichtet, Flugzeuge und Lastwagen repariert. Durch die schlechte Absatzmöglichkeit für Flugzeuge jedoch war der Betrieb unrentabel und musste am 1. Juli geschlossen werden. Eine Umleitung des Betriebes auf eine andere Branche war wegen der hohen Kosten sowie wegen des Materialmangels unmöglich. Am 10. März wurde die Flieger-Ersatzabteilung in einen Fliegerhorst umgewandelt.

Die Notwendigkeit für einen Fliegerhorst wurde bereits am 21.12.1918 erwähnt. Der 1. Abschnitt der Bekanntmachung bezieht sich auf ein Flugblatt der Fea 10:

Mit der Verringerung des Mannschaftsstandes verringerte sich auch die Zahl der Delegierten. Im Juni 1919 erfolgte auf Befehl des W.K.M die Auflösung des Fliegerhorstes zugleich auch die Auflösung des S.R. Somit hatte die Tätigkeit des Soldatenrates Böblingen ihr Ende gefunden.

Der Versailler Vertrag verbot Deutschland jegliche Luftstreitkräfte und so mussten alle Militärflugzeuge verschrottet werden, was von einer alliierten Kontrollkommission überwacht wurde. In einem Artikel vom 28. November 1918 heißt es:

Demontage
Abtransport vom Böblinger Güterbahnhof

Die Verschrottung scheint aber nicht 100 % geklappt zu haben, denn Paul Strähle, ehemaligen Jagdflieger des 1WK, kaufte drei Flugzeuge, um damit kurze Zeit später den ersten privaten Flugdienst Deutschlands zu eröffnen.